„Wahnsinns-Programm“ im Endspurt der DEL

Ingolstadt (dpa) - Mit seinem 75. Saisonspiel würde sich Ingolstadts Kapitän Patrick Köppchen gern in den Meister-Urlaub verabschieden. Zwei Siege fehlen dem Marathon-Mann und seinem ERC gegen die Adler Mannheim noch für die erfolgreiche Titelverteidigung.

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Im für den ERC besten Fall könnte die Finalserie am Sonntag entschieden sein und der Stress einer langen Saison ein Ende haben. Gerade im Endspurt nehmen die Kufencracks ein kräftezehrendes Programm auf sich. Zwischen den Duellen vier am Freitag (19.30 Uhr/ServusTV) bei den Oberbayern und fünf am Sonntag bleiben nur rund 40 Stunden zum Durchschnaufen: essen, schlafen, Ortswechsel, Videoanalyse - und wieder aufs Eis.

„Dafür arbeiten wir ja die ganzen Monate vorher hart, das ist die Belohnung“, meint Köppchen, der ohnehin ein Eishockey-Phänomen ist. Seit 482 Spielen hat er keinen Auftritt in der Deutschen Eishockey Liga verpasst, seit November 2007 war er immer dabei. Die Serie klingt gerade in der verletzungsreichen Sportart unglaublich.

Von Schmerzen oder Erschöpfung will der Verteidiger trotz allem nichts wissen, auch wenn sie gerade beim Aussteigen aus dem Bus zu spüren seien. „Wenn die Scheibe für das nächste Spiel auf dem Eis ist, ist davon nichts mehr im Körper“, erklärt der frühere Nationalspieler. „Dann ist viel Adrenalin und positive Energie da, dass man einfach marschiert und marschiert und marschiert.“

Zum Auftakt der Finalserie standen sich die zwei Titel-Kandidaten in fünf Tagen dreimal gegenüber. Zieht sich die Serie am Ende über die volle Distanz, duellieren sich Ingolstadt und Mannheim siebenmal in 15 Tagen. Es ist ein „Wahsinnsprogramm“ im Eishockey, wie Fußball-Trainer Ralph Hasenhüttl vom Zweitliga-Spitzenreiter FC Ingolstadt 04 anerkannte.

Die DEL-Profis sind es gewohnt. Die sieben (Mannheim) beziehungsweise fünf (Ingolstadt) spielfreien Tage zwischen Halbfinale und Finale bezeichnete selbst der 40-jährige Mannheimer Glen Metropolit als „viel zu lang“. Köppchen erklärt: „Man ist im Spielrhythmus und heiß darauf, sich mit dem nächsten Gegner zu messen.“ In dieser Saison hat der gebürtige Berliner 6 Partien in der Champions Hockey League, 52 in der Hauptrunde und bisher 15 Playoff-Begegnungen ohne Ausfall überstanden.

Auf eine ähnlich hohe Zahl von Saisonspielen steuert derzeit auch der Basketball-Bundesligist ALBA Berlin zu, der bis zum Aus in der Top-16-Runde in der Euroleague eine Doppelbelastung hatte. Ein Dauerspieler im Fußball wie Weltmeister Toni Kroos kam in der WM-Saison 2013/14 auf 51 Einsätze für den FC Bayern. Mit insgesamt zwölf Länderspielen auf dem Weg zum Titel in Rio summierten sich die Einsätze auf 63.

„Man kann Fußball und Eishockey nicht direkt vergleichen, weil der Charakter des Spiels zu unterschiedlich ist“, sagt Wissenschaftler Markus de Marées von der Deutschen Sporthochschule Köln. Tauschen will Köppchen ohnehin nicht: „Ich kann es mir nicht vorstellen am Stück 90 Minuten rumzurennen und zu sprinten.“ Stattdessen verausgabt er sich lieber in kurzen Intervallen und blockt wagemutig Schüsse.

Sein Durchhalte-Rezept beinhaltet ein ausgefeiltes Fitness- und Regenerations-Programm, sieben bis acht Stunden Schlaf sowie zwischendurch immer mal wieder abzuschalten und „kurz für eins, zwei Stunden nicht über Eishockey nachzudenken“. Köppchen legt viel Wert auf akribische Vorbereitung, verliert aber auch mal den Überblick. „Wir vertun uns schon mal im Bus, welcher Tag ist. Aber da reden wir zum Glück alle drüber und einigen uns am Ende auf den richtigen Tag.“