Eishockey Ein Ausnahmetalent für die Pinguine

Krefeld · In Dominik Bokk wechselt ein Ausnahmetalent zu den Krefeld Pinguinen.

 Dominik Bokk im Trikot der deutschen Nationalamannschaft. Seine größten internationalen Erfolge feierte er mit der U 20.

Dominik Bokk im Trikot der deutschen Nationalamannschaft. Seine größten internationalen Erfolge feierte er mit der U 20.

Foto: picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Dominik Bokk sah ein wenig gelangweilt aus, als er vor einigen Monaten in seinem Elternhaus saß und in eine Kamera blickte. Da hing er fast quer auf seinem Stuhl und sprach nur das Nötigste. Aber da musste er jetzt durch, immerhin hatte die NHL geladen. „German Prospect Video Conference“ hieß die Veranstaltung, deren pure Existenz schon bemerkenswert war. Wann hatte es sich für die stärkste Eishockeyliga der Welt je gelohnt, eine Pressekonferenz ausschließlich mit jungen deutschen Spielern zu veranstalten? Aber die Zeiten waren eben besondere. Die NHL wollte während der langen Corona-Pause irgendwie im Gespräch bleiben, und Deutschland hat eine goldene Eishockey-Generation beisammen, vermutlich hat es hierzulande noch nie eine derartige Ansammlung an Toptalenten gegeben.

Eins davon ist Dominik Bokk. Ein 20 Jahre alter Stürmer, der so viel Tempo, Technik und Spielwitz vereint, dass ihn die St. Louis Blues 2018 bei der jährlichen Talentewahl (Draft) an Nummer 25 zogen. Der letzte Beweis, dass der gebürtige Schweinfurter zu den weltweit besten Eishockeyspielern des 2000er-Jahrgangs zählt. Und deswegen darf der Umstand, dass dieser Dominik Bokk künftig für die Krefeld Pinguine aufläuft, ohne Übertreibung als Transfercoup bezeichnet werden. Auch wenn nicht mal absehbar ist, wie lange der KEV Spaß an Bokk haben wird, sobald die Carolina Hurricanes, die mittlerweile seine Transferrechte besitzen, rufen, wird er seine Sachen packen und in die USA reisen.

Ganz so ungewöhnlich ist Bokks Gastspiel in der alten Heimat indes nicht. Weil die kommende NHL-Saison wohl erst im neuen Jahr startet und noch unklar ist, ob nordamerikanische Ausbildungsligen wie die AHL oder College- und Junioren-Ligen überhaupt spielen können, haben bereits dutzende Talente von NHL-Teams in Europa unterschrieben. Die meisten in Russland, Schweden und Finnland, aber eben auch welche in der Deutschen Eishockey Liga, Ausnahmeverteidiger Moritz Seider (Detroit) beispielsweise bei seinem alten Klub in Mannheim. Da hatten Beobachter schon damit gerechnet, dass auch Bokk in der DEL aufschlagen könnte, um in Form zu bleiben. Aber ausgerechnet in Krefeld? Bei einem Klub, der fünfmal in Folge die Play-offs verpasst hat und nicht gerade zu den wohlhabendsten den Liga gehört?

Bokk gewann Preise
und Auszeichnungen

Vielleicht war genau das der Grund. Bokk dürfte sich beim KEV eben nicht mit vielen anderen Topspielen um Eiszeiten in den vorderen Reihen oder im Powerplay streiten müssen. Ebenso lohnend ist das Geschäft für die Pinguine, Chef-Scout Sergey Saveljev liegt nicht falsch, wenn er Bokk einen „unglaublich talentierten Stürmer mit gutem Spielverständnis und hohem Potenzial“ nennt.

Das fiel den Kölner Haien schon früh auf, mit 14 wechselte Bokk aus Franken an den Rhein und wurde gleich zum dominanten Spieler. Keine Saison, in der er weniger Scorerpunkte als Spiele machte, teilweise gar mehr als doppelt so viele. Haie-Sportkoordinator Rodion Pauels schwärmte gegenüber dem „Express“ von einem Ausnahmetalent, das „in einer Sekunde vier Tricks“ mache. Bokk gewann Preise und Auszeichnungen und war so überragend, dass ständige Beobachter hin und wieder den letzten Einsatz vermissten — was schlimme Wortspiele zur Folge hatte. Seinen Zahlen in der Deutschen Nachwuchsliga (DNL) tat das keinen Abbruch, also sah er mit 17 keine Perspektive mehr in Köln. „Es wäre keine Förderung gewesen, weiter in der DNL zu spielen, und in der DEL hätte ich wahrscheinlich eh nicht gespielt“, erklärte er vor einigen Jahren seinen Wechsel nach Schweden. Eigentlich wollte er nach Kanada, doch als sich der falsche Verein seine Rechte sicherte, änderte er seine Pläne und ging nach Växjö. „Die schwedische Eishockey-Kultur kommt mir entgegen“, stellte er früh fest. Er blieb drei Jahre, spielte bei Junioren wie Profis und entwickelte sich enorm weiter. Wovon auch die deutsche U 20-Nationalmannschaft profitierte: Erst stieg sie mit Bokk von der B- in die A-WM auf, dann hielt sie dort gegen die besten Talente der Welt die Klasse. Bokk schoss während des Turniers gegen die besten Talente der Welt sechs Tore in sieben Spielen.

In diesem Sommer sollte es endlich in die USA gehen. Doch daraus wird wegen der Corona-Pandemie vorerst nichts, also muss Dominik Bokk die Zeit irgendwie überbrücken. Zum Glück für die Krefeld Pinguine.