Eisig: Hambüchen will nicht reinen Tisch machen

Mannheim (dpa) - Dieser Sturz tat doppelt weh. Im Reckfinale wollte Fabian Hambüchen nicht nur gewinnen. Er wollte klar gewinnen, riskierte seine schwierige Olympia-Übung - und scheiterte.

„Ich suche keine Ausreden. Auch wenn ich in der Nacht zuvor nicht gut geschlafen habe“, meinte der prominenteste Einzelgänger unter den deutschen Turnern. Nach der Fehlerkette des Kampfgerichts bei der Boden-Entscheidung hatte er die ganze Nacht über seine weiteren Auftritt beim Turnfest gegrübelt. Doch unter dem Strich kam er nur zu dem einzigen Schluss: „Ich werde meinen Weg noch konsequenter allein gehen. Wenn ich meine Leistung bringe, kann mir im Deutschen Turnerbund niemand diesen Weg verbauen.“

Die Atmosphäre zwischen Hambüchen und Verband scheint noch eisiger als die Temperaturen während der regnerischen Turnfesttage. Auf eine Aussprache mit den Funktionären legt Hambüchen jedenfalls keinen Wert, auch wenn sich DTB-Präsident Rainer Brechtken vor überfüllter Maimarkthalle noch einmal für die Fehler der Referees entschuldigte, die Hambüchen um den verdienten Titel am Boden gebracht und so sehr gegen den Verband in Rage versetzt hatten. Brechtken begrüßte Hambüchen ausdrücklich im Kreise der Finalisten und zeigte seine Freude, dass der Vorturner seinen zunächst angekündigten Boykott nicht wahr gemacht hatte.

Bei Hambüchen verpuffte diese Geste jedoch. „Ich lasse mich durch solche Sprüche nicht von meinem Kurs abbringen. Wie man mir hier mitgespielt hat, werde ich nie abhaken. Das wird auch der DTB in einigen Nachspielchen noch zu spüren bekommen. Und einige Leute dort sollten sich mal überlegen, ob sie in ihren Positionen dort noch richtig sind“, meinte Hambüchen, nachdem er erstmals seit 2005 einen Gerätetitel bei nationalen Meisterschaften verpasst hatte. „Ich hätte nie erwartet, dass man mich hier so unfair behandeln würde“, klagte er nochmals an.

Am Donnerstag sagte Hambüchen seinen geplanten Reck-Auftritt bei der Stadiongala am Freitag ab. Er gab gesundheitliche Gründe dafür an. Eine Erkältung, die sich bereits am Mittwoch in den Gerätefinals abzeichnete, sei stärker geworden. „Sehr schade, dass ich absagen muss. Ich wäre gerne bei der großen Abschlussshow dabei gewesen“, bedauerte er in einer Mitteilung des Verbandes.

Wie sich jetzt in einigen Monaten die Trainingswochen in Kienbaum in der unmittelbaren WM-Vorbereitung im September gestalten werden, steht in den Sternen. Hambüchen legt Priorität auf seinen Prüfungen an der Sporthochschule und will sich daher individuell in Köln vorbereiten. „Die Hoffnung stirbt zuletzt. Nachdem, was hier gelaufen ist, sehe ich nicht ein, warum ich Kompromisse machen soll“, gab er sich dickköpfig. Cheftrainer Andreas Hirsch ist nun gefragt, mit Einfühlungsvermögen die verhärteten Fronten aufzubrechen.

Mit seinen anderen Vorturnern Marcel Nguyen und Matthias Fahrig, die in Mannheim je zwei Titel einsammelten, hat Hirsch weniger Sorgen. Beide sind bei der Bundeswehr und stehen für Trainingskurse nahezu uneingeschränkt zu Verfügung. Nguyen, der am Barren seinen vierten Sieg in Serie verbuchte, will nun im Training eine schwierige Felge einbauen und den Ausgangswert seiner Übung auf mindestens 7,0 Punkte erhöhen. Das wäre derzeit in der Welt einmalig.

„Ich hoffe sehr, dass ich bei dem anstehenden Bundeswehr-Lehrgang jeden Abend etwas daran arbeiten kann“, meinte der Olympia-Zweite und will bei der WM in Antwerpen auch wieder einen starken Mehrkampf anbieten. Zuvor geht es für den deutschen Olympia-Helden aber erst mal auf Kosten eines Werbepartners ein paar Tage zur Entspannung zur „Schanghai Fashion Week“.