Cool, cooler, Arminia: Nervenstark vor Klassenverbleib
Darmstadt (dpa) - Das einzige, was den Darmstädter Traum von der Zweitliga-Rückkehr wenigstens noch ein kleines bisschen am Leben hält, ist die Vergangenheit des eigenen Trainers.
„Der war doch beim 7:0 gegen Valencia dabei“, sagte ein Zuschauer und lachte. Nach dem verdienten 1:3 (0:2) im Relegations-Hinspiel gegen Arminia Bielefeld braucht es tatsächlich schon ein Fußball-Wunder, wie es Dirk Schuster 1993 als Spieler des Karlsruher SC erlebte, um den Klassenverbleib der Arminia zu verhindern und den Aufstieg von Darmstadt 98 in die 2. Fußball-Bundesliga doch noch zu ermöglichen.
Der deutlich abgeklärtere Zweitliga-16. geht mit einer „sehr guten Ausgangsposition“ (Fabian Klos) in das Rückspiel am Montag in Bielefeld. „Wir müssen dann so spielen, als ob dieses Hinspiel nie stattgefunden hätte. Wir dürfen nicht den Fehler machen, unseren Vorsprung nur zu verwalten“, sagte der Torjäger der Arminia. „Aber ich werde mich jetzt auch nicht hinstellen und einen 3:1-Auswärtssieg schlechtreden.“
Mitten in diesem Bielefelder Jubel und der großen Darmstädter Enttäuschung saß Norbert Meier und blieb ganz ruhig. Der Trainer der Arminia hat genau wie Schuster schon viel erlebt in seiner Karriere: Als Trainer die chaotische Spielunterbrechung in der Relegation zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC vor zwei Jahren und als Spieler den verschossenen Kutzop-Elfmeter, der Werder Bremen 1986 die deutsche Meisterschaft kostete. Meier weiß genau, was man in scheinbar schon entschiedenen Situationen sagt.
„Ich freue mich über das gute Ergebnis, aber das ist nur der erste von zwei Schritten, die wir brauchen“, predigte er. „Es gibt noch eine zweite Etappe, wir müssen die Spannung unbedingt hochhalten.“ Den Journalisten sagte er noch: „Schön ruhig bleiben.“ Bei seinen Spielern ist das offenbar nicht mehr nötig.
Denn Meiers Ruhe und Konzentration hat sich in den vergangenen Wochen auf bemerkenswerte Weise auf dieses Team des übertragen. Zwei Monate lang stand die Arminia zwischen dem 26. und 33. Spieltag auf einem direkten Abstiegsplatz. Dann gewann sie nacheinander das Derby beim VfL Bochum (4:1), das Abstiegs-Endspiel bei Dynamo Dresden (3:2) und dann am Freitagabend das erste Relegationsspiel am vor lauter Euphorie fast überkochenden Böllenfalltor gegen den Drittliga-Dritten Darmstadt.
Das zeugt von Nervenstärke. Oder wie Meier erklärte: „Die Mannschaft ist es mittlerweile gewohnt, im Wochentakt ein Endspiel zu haben. Das ist eine enorm hohe Belastung, aber bisher hat sie das bravourös gemeistert.“ Dieses Team habe einen „sehr guten Charakter“, sagte der 55-Jährige. „Aber es darf jetzt auch kein bisschen nachlassen.“
Bielefeld „war uns in der Effektivität vor dem Tor um einiges voraus“, sagte Darmstadts Trainer Schuster hinterher. Die Arminia nutzte gleich ihre erste Torchance durch Christian Müller (22. Minute), legte schnell den zweiten Treffer durch Ben Sahar nach (33.) und erhöhte genau im richtigen Moment auf 3:1 durch Sebastian Hille (85.), als die „Lilien“ nach dem Anschlusstor von Milan Ivana (65.) noch einmal am Drücker waren.
Selbst der in dieser Hinsicht erprobte Schuster klang danach nicht mehr so, als würde er noch an ein weiteres Fußball-Wunder glauben. „Wir wollen uns jetzt am Montag nochmal ordentlich präsentieren und zeigen, dass wir eine gute Truppe sind, die nicht unverdient in dieser Relegation dabei ist“, sagte er nur.