Die Wiederentdeckung des Derbys
Köln gegen Düsseldorf — das ist mehr als ein Fußballspiel. Beide Clubs haben sich unterschiedlich entwickelt.
Köln. Dieser Kölner Sonntag wird ein heißer. Die Metereologen kündigen etwa 30 Grad an, die Experten aus der Fußball-Branche versprechen ein rheinisches Derby, wie es das lange nicht mehr gegeben hat. Um genau zu sein:
Köln gegen Düsseldorf, auf diese Paarung warten die rheinischen Fußball-Fans seit 14 Jahren.
Als am 23. April 1999 für Fortuna noch Marek Lesniak und der riesige Albaner Igli Tare stürmten, in Köln der weithin unbekannte Michael Rösele und der kleine Iraner Khodadad Azizi das Tore schießen übernehmen sollten, war die große Zeit der Clubs lange vorbei.
18 000 Zuschauer waren damals im Rheinstadion, Düsseldorf gewann unter dem Trainer Peter Neururer 2:1 gegen den FC und dessen Coach Bernd Schuster. Aber: Fortuna stieg ab, Köln nicht auf. Und jetzt? Ist alles ganz anders.
Der Fußball hat seit jenen Tagen um die Jahrtausendwende längst die Massen in größerem Ausmaß mobilisiert. Fortuna ist danach bis in die vierte Liga ab (2003/04)- und dann wieder in die erste Liga aufgestiegen. Ein neue Arena steht in Stockum, die Schulden sind abgebaut, der Club hat trotz des unnötigen Abstiegs des vergangenen Jahres eine gute Zukunft vor sich.
Diese Aussicht muss sich der 1. FC Köln erst noch erkämpfen. Weil er in einer Zeit, in der Zuschauerzahlen, TV-Gelder und Merchandising-Einnahmen gewaltig gestiegen sind, nach fünf Erstliga-Abstiegen (1998, 2002, 2004, 2006 und 2012) zu oft am kleinen Rad gedreht, dafür aber großherrschaftlich investiert hat.
Soll heißen: Kölns aktueller Status als Aufstiegskandidat — rein sportlich begegnen sich die rheinischen Rivalen am Sonntag fast auf Augenhöhe — ist belastet mit einem horrenden Schuldenberg von mehr als 35 Millionen Euro.
Es bedarf viel Einfallsreichtum und manch geduldigen Gläubiger, die Löcher zu stopfen. Der FC braucht den als Ziel ausgegebenen Aufstieg in dieser Saison vor allem deshalb viel mehr als Düsseldorf, das zwar „oben mitspielen“ will, finanziell aber weit weniger unter Druck steht.
50 000 Besucher werden im ausverkauften Kölner Stadion sein, die Rivalität ist gewaltig. So erklärte Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke als gebürtiger Düsseldorfer und ehemaliger Fortune in diesen Tagen, sein Bruder habe ihn mit Amtsübernahme in Köln aus der Familien-Erbfolge streichen wollen.
Was nur ein Scherz war, aber etwas aussagt: Köln und Düsseldorf — das sind Gegensätze. „Köln ist der emotionalere Club“, sagte Schmadtke. Düsseldorf der vernünftigere, könnte man hinzufügen. Immerhin kommt Schmadtke zu einem versöhnlichen Schluss: „Für die Region und die erste Liga wäre es nicht das Schlechteste“, sagte er, „wenn beide aufsteigen.“