de Maizière: „Inakzeptabel“ Entsetzen über martialische Dynamo-Fans: „Krieg dem DFB“
Dresden (dpa) - Wegen erneut gewalttätiger Ausschreitungen seiner Anhänger und des geschmacklosen Verhaltens einiger Spieler drohen dem Fußball-Zweitligisten Dynamo Dresden schwerwiegende Konsequenzen.
Nach dem martialischen Auftritt zahlreicher Dynamo-Fans rund um das mit 4:3 gewonnene Spiel beim Karlsruher SC hat der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes die Ermittlungen aufgenommen. In ungewohnter Schärfe reagierte der DFB auf die Krawalle und das bisherige Krisen-Management des Vereins. Innenminister Thomas de Maizière nannte die Vorkommnisse „völlig inakzeptabel“.
„Wegen der neuen Qualität der Vorfälle werden wir die Lage am kommenden Freitag im DFB-Präsidium zur Sprache bringen und dort ausführlich mit den Vertretern der Liga analysieren. Die bisherigen Reaktionen bleiben weit hinter dem zurück, was jetzt notwendig ist“, sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch in einer Stellungnahme.
CDU-Politiker de Maizière sagte in der „Heilbronner Stimme“: „Wer Ordner und Polizisten attackiert, ist in Wahrheit kein Fußballfan und gehört nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel.“ Er hoffe auf „eine schnelle und harte Reaktion der Justiz, damit alle wissen, was ihnen droht, wenn man sich so verhält. Die Täter schaden ihrem Verein und sie schaden dem gesamten Fußball.“
Eingehüllt in Rauchschwaden und begleitet von Leuchtraketen waren teils vermummte Dresdner Fans im Militär-Look durch Karlsruhe marschiert. „Krieg dem DFB“ stand auf einem ihrer Transparente. „Das hat mit Fußball überhaupt nichts zu tun. Man kann sich auch die Frage stellen, ob solche paramilitärischen Aufmärsche überhaupt geduldet werden dürfen von staatlicher Seite“, sagte KSC-Präsident Ingo Wellenreuther der Deutschen Presse-Agentur.
Danach überrannten die Chaoten den Eingangsbereich im Wildparkstadion, plünderten Imbissstände und verletzten dabei laut Behördenberichten 21 Ordner. Auch Personal an den Verpflegungsständen wurde laut Polizeibericht „massiv angegangen“, zuvor 15 Polizisten durch Pyrotechnik verletzt.
Und wie reagieren Verein und Spieler? Die Mannschaft läuft nach Schlusspfiff im Stechschritt in Richtung Fankurve und zeigt einen militärischen Gruß. Dynamo Dresden reagiert wie immer bei Ausschreitungen seiner Fans. „Wir distanzieren uns als Verein klar von jeder Form von Gewalt und verurteilen auch Spruchbänder, die dazu aufrufen“, erklärte Dynamos Sportgeschäftsführer Ralf Minge.
Zugleich entschuldigte er sich bei den Verletzten. Der kaufmännische Geschäftsführer Michael Born kündigte Konsequenzen und Maßnahmen für die Zukunft an, die „nachhaltige Wirksamkeit entfalten, aber gleichzeitig nicht zu einer weiteren Eskalation beitragen sollen.“
Nachdem Dresdner Fans unter anderem unter dem Applaus der Karlsruher Haupttribüne einen Panzer auf einem Plakat zeigten, twitterte der Verein Sonntagnacht: „Gewalt, Kriegsrhetorik & Panzer auf Zaunfahnen? Die SGD ist stark und ruhmreich. Aber ganz gewiss nicht so.“ Zudem hatte Born nach Spielende irritierende Aussagen getätigt. „Zum Teil beeindruckend, zum Teil weit über die Grenzen hinaus und so nicht akzeptabel“, sagte er der „Sächsischen Zeitung“.
Der Traditionsverein von der Elbe muss sich die Frage gefallen lassen: Warum ist er nicht gegen seine eigenen Anhänger eingeschritten? Bereits im Vorfeld rief das Umfeld mit Camouflage-Fanpaketen zu einem „Marsch mit Überraschungen“ auf. Und warum wird der Zutritt ins Stadion nicht verhindert?
„Ich kann schon verstehen, dass sich viele Bürger fragen, warum die Kollegen hier nicht eingegriffen haben“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“.
Die Begleitung der Polizei erfolgte nach eigenen Angaben nur „bis zum abgesperrten Stadionbereich des Gästeeingangs“. Danach „überrannten die Dynamo-Fans in einer gezielten Aktion die dort eingesetzten Ordner, so dass eine Vielzahl von Personen gewaltsam und unkontrolliert in das Stadion gelangen konnte“. Wellenreuther verteidigte seinen Ordnungsdienst, geht aber dennoch davon aus, dass auch auf den KSC ein formales Verfahren des DFB zukomme.
„Die Ermittlung von Tätern und wirksame Prävention werden auch künftig im Zentrum unserer Bemühungen stehen. Die Vorkommnisse in Karlsruhe waren auf unserem Weg zweifelsohne ein Rückschlag“, sagte Dynamos Hauptgeschäftsführer Born. Der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz, sagte der Tageszeitung „Die Welt“: „Dieser militärische Anstrich ist eine neue Komponente, die wir in unsere Überlegungen einzubeziehen haben.“ Es sei eine Dresdner „Premiere, die das Strafmaß beeinflussen könnte“.