Kauczinski mag nicht „durch die Hintertür raus“
Karlsruhe (dpa) - Markus Kauczinski hat aus dem Zweitliga-Aufsteiger Karlsruher SC einen Kandidaten für die Bundesliga gemacht. Der 44-Jährige gehört zu den jungen aufstrebenden Trainern im Profigeschäft - und hat sich auch ohne Profi-Vergangenheit einen Namen gemacht.
Im dpa-Interview erzählt der gebürtige Gelsenkirchener von seiner Vergangenheit bei Schalke, der schwierigen Lage beim KSC und wo er inzwischen überall erkannt wird.
Aus Ihrer aktiven Karriere ist fast nichts überliefert. Gibt's da nichts zu erzählen?
MarkusKauczinski: Natürlich gibt's da was zu erzählen. Ich habe ganz klassisch mit sechs Jahren angefangen, dann bei Fortuna Gelsenkirchen gespielt bis ich 18 war. Schalke wollte mich schon immer haben, aber ich bin da dann einfach nicht hin.
Wie bitte? Sie wollten nicht zum großen FC Schalke 04?
Kauczinski: Mir waren mein Umfeld wichtig und meine Freunde. Ich war Auswahlspieler, auch Nordrhein-Westfalen-Auswahl. Nach der A-Jugend bin ich dann jedoch zum VfL Bochum zu den Amateuren. Klaus Fischer war damals mein Trainer bei Fortuna Gelsenkirchen. Er ist Profitrainer geworden in Bochum und da bin ich mitgegangen. Ich wusste im Grunde, dass ich das körperlich nicht schaffe. Kicken konnte ich schon. Aber das Gefühl, Profi zu werden, damit Geld zu verdienen, das hatte ich nicht.
Sie haben gekickt, studiert, gejobbt. Wie sind Sie dann Trainer geworden?
Kauczinski: Als Fußballer habe ich mich auf Oberliga-Niveau durchgeschlagen. Mit 20 Jahren fing ich an, Trainer zu sein. Immer da, wo ich gespielt habe, habe ich auch eine Mannschaft betreut. Mit 27 habe ich mein Studium und meine aktive Karriere beendet. Ich war dann Diplom-Sportlehrer und bin bei Schalke Jugendtrainer geworden.
Seit 2001 sind Sie nun schon beim KSC. Sie waren dreimal Interimstrainer, ehe Sie endgültig Cheftrainer werden durften, weil sie 2012 die Trainerlizenz gemacht haben. Sind Sie jetzt richtig im Profifußball angekommen?
Kauczinski: Ich habe aus Lust und Leidenschaft als Trainer angefangen, am Anfang war das so eine Art Streetworking damals in Gelsenkirchen. Ich habe nie auf den Profibereich geschaut und gesagt: Da willst du hin. Bei Schalke war es von Vorteil, Ex-Profi zu sein, um eine hauptamtliche Stelle zu bekommen. Da habe ich gemerkt: Hier komme ich nicht weiter und bin dann zum KSC, zur U17.
Sie haben einen Vertrag bis 2016 und mit dem KSC als Aufsteiger für viel Furore gesorgt in der Zweiten Liga. Haben Sie eine Ausstiegsklausel?
Kauczinski: Nein, die gibt es nicht. Wissen Sie: Ich bin hier jede Woche irgendwo zum Gespräch und sage, wie toll alles hier ist. Und dann gehe ich zur Hintertür raus? Das fände ich nicht gut. Es mag irgendwann die Zeit kommen, wo man sich trennen muss. Aber die sehe ich noch lange nicht.
Und wo wollen Sie mit dem KSC in den nächsten Jahren hin?
Kauczinski: Unser Plan ist natürlich: weiter runter! Stück für Stück weiter runter! (lacht schallend). Nach dem Abstieg in die 3. Liga haben wir eine neue Mannschaft zusammengestellt und 18 Leute geholt. Natürlich ist eine Mannschaft, die man in der Dritten Liga für den Aufstieg in die Zweite Liga zusammenstellt, nicht unbedingt eine, mit der man in die Erste Liga aufsteigen muss. Wir müssen uns fußballerisch entwickeln. Aber wir haben jetzt die super Situation, dass wir schon für die nächste Zweitliga-Saison planen können. Dann werden wir sehen: Reicht das vielleicht, um endgültig oben mitzuspielen?
Wären Verein und Umfeld überhaupt reif für die Bundesliga?
Kauczinski: Um dann drinzubleiben, wenn man aufsteigt, ist natürlich mehr notwendig. Man hätte wohl Probleme, genügend Einnahmen über das Stadion zu erwirtschaften, auch wenn automatisch mehr Fernsehgelder fließen. Man kann mit diesen Mitteln aufsteigen, aber es wäre schwer, sich dann langfristig festzubeißen. Wir haben es hier auch verpasst, die Infrastruktur zu verbessern.
Sind Sie ein Trainertyp, den seine Frau öfter vor dem Fernseher wegzerren muss?
Kauczinski: Mittlerweile schauen wir zusammen. Ich kann aber abschalten und habe Phasen, wo ich keinen Fußball sehen will. Ich habe ganz klar Momente, wo ich entspannen muss und eine Art „Psycho-Hygiene“ brauche. Dann will ich nicht über Fußball reden. Wenn ich nach Hause komme direkt nach dem Spiel, ist Fußball erstmal tabu.
Sie stehen immer mehr im Rampenlicht, im Supermarkt können Sie aber noch in Ruhe einkaufen gehen. Was hat sich in ihrem Privatleben verändert, seit Sie Profi-Trainer sind?
Kauczinski: Es hält sich hier noch in Grenzen, insgesamt merke ich es aber schon. Wir waren mal auf Fuerteventura im Urlaub, man denkt ja, es kennt einen da niemand. Ich gehe in Badeklamotten, mit Sonnenbrille und Kappe auf einen Steg am Strand, da kommt mir ein alter Mann entgegengewackelt. Er schaut mich so an. Ich: 'Kennen wir uns?' Er: 'Ach, der KSC-Trainer!' Ich: 'Wo kommen Sie denn her?' Er: 'Aus Kiel.' Ich: 'Und dann kennen sie den KSC-Trainer?' Dazu er: 'Ja klar, ich interessiere mich doch für Fußball.'
ZURPERSON: Markus Kauczinski, geboren 1970 in Gelsenkirchen, hat den Karlsruher SC aus der dritten in die zweite Fußball-Bundesliga geführt. Im März 2012 schloss er unter anderem mit Stefan Effenberg und Mehmet Scholl den DFB-Lehrgang zur Trainerlizenz ab und wurde wenige Tage später Chefcoach beim KSC, wo er 2001 als Jugendtrainer begonnen hatte.