Marathon-Verhandlung vor DFB-Gericht - Rehhagel Zeuge
Frankfurt/Main (dpa) - Hertha-Trainer Otto Rehhagel hat mit drastischen Worten für eine Wiederholung des Relegationsspiels bei Fortuna Düsseldorf plädiert.
In einer Marathon-Sitzung des DFB-Bundesgerichts beschrieb der 73-Jährige in Frankfurt am Main die Vorfälle bei der unter chaotischen Umständen beendeten Partie Mitte Mai. „Für mich war das alles irregulär“, meinte Rehhagel zum Fan-Auflauf in der Schlussphase des Spiels, „das war ein Ausnahmezustand, wie ich ihn in 40 Jahren als Bundesligatrainer nicht erlebt habe.“
Die Kammer des Deutschen Fußball-Bundes befasste sich mit der Berufung des Berliner Clubs gegen das Urteil des Sportgerichts. Dieses hatte den Hertha-Einspruch gegen die Wertung des Spiels am vergangenen Montag abgewiesen. Der Vorsitzende Richter Goetz Eilers lud am Freitag dazu insgesamt 16 Zeugen - darunter auch Rehhagel. „Unsere Spieler waren paralysiert“, beschrieb dieser den Zustand in der Hertha-Kabine. „Ich konnte meiner Tätigkeit als Fußballlehrer nicht mehr nachkommen.“
Seine Erfahrung als Trainer sage ihm: „Wenn die Meute losrennt, gibt es kein Halten mehr.“ Er habe jedoch schon schlimmere Momente erlebt. Auf die Frage, ob er in der hitzigen Schlussphase Furcht gehabt habe, meinte Rehhagel: „Halb Angst... Ich habe 1943 in einem Keller im Ruhrgebiet gesessen, als uns die Amerikaner bombardiert haben.“ Nach 44 Minuten verließ der eloquente und zu Anekdoten aufgelegte Trainer-Dino um 16.18 Uhr wieder den Sitzungssaal.
Richter Eilers rekonstruierte anhand der Zeugenaussagen in ruhiger, aber bestimmter Weise die chaotischen Umstände in der Schlussphase der Begegnung, als Fans den Rasen stürmten. Das DFB-Sportgericht hatte in erster Instanz den Einspruch von Hertha gegen die Wertung der Partie abgewiesen. Bestätigt auch das Bundesgericht das 2:2, ist Hertha nach nur einem Jahr Bundesliga wieder abgestiegen. Die Berliner können aber als nächste Instanz das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen anrufen.
Bis zum frühen Abend hörte Eilers unter anderen noch Referee Wolfgang Stark und Hertha-Co-Trainer Ante Covic. Stark hatte die Nachspielzeit beim Rückspiel für 21 Minuten unterbrechen müssen, weil tausende Fortuna-Fans auf den Platz gestürmt waren. Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt wollte wie auch schon vor dem DFB-Sportgericht am vergangenen Freitag beweisen, dass die restlichen 1:33 Minuten unter irregulären Bedingungen stattfanden und die Spieler Angst hatten. „Wenn 500 Leute auf dich zulaufen, kriegst du Angst“, beteuerte Covic im Sitzungssaal.
Schickhardt stellte dort neues Bild-Material vor: Die insgesamt 16 Fotos sollten die bedrohliche Ausnahmesituation rund um das Spiel belegen. Düsseldorfs Anwalt Horst Kletke stellte seinerseits Aufnahmen entgegen, die zeigen sollten, das in der Schlussphase keine Gefahr für Leib und Leben bestand.
Um 12.52 Uhr hatte Eilers als ersten Zeugen von DFB-Seite Stark geladen. Der Schiedsrichter aus Ergolding erläuterte erneut die Vorkommnisse rund um das chaotisch zu Ende gegangene Rückspiel um den Bundesligaaufstieg. Nach rund einer Stunde wurde er aus dem Zeugenstand entlassen.
Richter Eilers wollte vor allem erfahren, wie gefährlich sich die Schlussphase der Chaospartie in Düsseldorf dargestellt hatte. „Ich hatte keine Angst, dass die Fans was von mir oder den Spielern wollten“, meinte Stark. Auch Bender meinte zu der hitzigen Schlussphase: „Angst habe ich nicht verspürt.“ Angesichts des vorgelegten Bild-Materials und der vielen Zeugen rechneten Prozessbeobachter mit einer langen Sitzung in der Zentrale des DFB.