St. Paulis Sportchef will Aufstieg nicht um jeden Preis
Hamburg (dpa) - Rachid Azzouzi peilt mit dem FC St. Pauli die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga an - aber nicht um jeden Preis.
„Natürlich ist auch unser Ziel die 1. Liga, aber wir gehen es immer hanseatisch seriös und kaufmännisch vielleicht sogar altmodisch an“, sagte der Sportchef des Hamburger Zweitligisten der Nachrichtenagentur dpa.
Nach dem Abstieg 2011, vor allem aber nach den bitteren Erfahrungen von 2003, als der Kiezclub vor der Pleite stand, soll ein möglicher Aufstieg nicht wieder enden in einem Abenteuer mit unabsehbaren Folgen. „Das Risiko muss kalkulierbar sein. In solch eine Situation darf der Verein nicht noch mal kommen.“
Die von der Club-Spitze vorgegebene Top-25-Platzierung im deutschen Profifußball bezeichnet Azzouzi als „vernünftig und auch realistisch“ für die St. Paulianer. Ende Mai 2012 war er als Nachfolger Helmut Schultes angetreten, um am Millerntor die Basis für nachhaltigen Erfolg zu legen. Wie zuvor bei der SpVgg Greuther Fürth, die nach vier Jahren unter Sportchef Azzouzi in die 1. Liga gelangte, setzt er seine Philosophie um.
Nach dem Abstiegskampf im Vorjahr machte er auf St. Pauli einen tiefen Schnitt, baute vermehrt auf bezahlbare, vorwiegend deutsche Talente. Für vergleichsweise kleines Geld holte er neun Kicker mit Perspektive. „Wir sind nicht das Armenhaus der 2. Liga, aber auch nicht in der Spitzengruppe wie Köln, Kaiserslautern oder davor Hertha BSC. Aber wir wollen zeigen, dass man auch so erfolgreich sein kann.“
Wobei beim Tabellensechsten der Aufstieg nicht das primäre Ziel ist, betont Azzouzi. Denn rund um den Kiez gelten andere Gesetze. „Für einen Club wie den FC St. Pauli, bei dem Meisterschaften und Pokalsiege nicht an der Tagesordnung sind, geht es nicht nur um das Ergebnis. Hier geht es auch um das Erlebnis“, erklärt der marokkanische Ex-Nationalspieler. Ein Beispiel dafür: Selbst als der FC St. Pauli vor drei Jahren im letzten Heimspiel vor dem Abstieg 1:8 gegen Bayern München unterging, feierten die Fans auf der Tribüne ihre Lieblinge, als hätten diese gerade die Meisterschale erkämpft.
Damals war Azzouzi noch nicht bei dem oft als „der andere Club“ bezeichneten FC St. Pauli. Dort ist der 43-Jährige mit seiner deutschen Frau Stefanie und den in Fürth geborenen Töchtern Khadija und Naima schnell heimisch geworden. „Gerade auf St. Pauli passt das. Da gelten Werte, für die auch der Verein steht. Wo immer man ist, da ist Multikulti. Ich sehe mich eigentlich auch so“, erläutert Azzouzi. Und: „Als in Deutschland aufgewachsener Marokkaner mit islamischen Hintergrund kann ich sagen: Ich fühle mich wohl hier.“
Trotz seiner Erfolge als Fußballer mit zwei WM- und einer Olympia-Teilnahme für Marokko (37 Länderspiele) und als Erstligaprofi des MSV Duisburg ist Azzouzi nie abgehoben. Als sportliches Vorbild nennt er Zinedine Zidane, Frankreichs Weltmeister von 1998 und wie er einst Mittelfeldakteur. „Als Vorbild gilt mir aber vor allem mein Vater, der als Marokkaner nach Deutschland übergesiedelt ist, sich durchgeboxt und mit meiner Mutter die Familie ernährt hat. Ich weiß also, wo ich herkomme“, meint Azzouzi. Klar auch, dass er St. Paulis Aufschwung nicht für sich reklamiert: „Das kann nie das Produkt einer einzelnen Person sein. Viele Mosaiksteinchen tragen zum Erfolg bei.“