Viele Traditionsclubs: Zweite Liga vor 39. Anpfiff
München (dpa) - Der ewig gleiche Satz von der „besten 2. Liga aller Zeiten“ ist so überstrapaziert wie nur wenige PR-Sprüche in Fußball-Deutschland.
Jahr für Jahr bekommt das Unterhaus inzwischen neue Superlative verpasst - weil die Stadien immer pompöser werden und die Zuschauerzahlen sich auf hohem Niveau etabliert haben. Zu vielen Partien in Deutschlands zweiter Klasse strömen mehr Fans als zu so manchem Spiel in der italienischen Serie A oder der spanischen Primera División.
Das wird sich auch nicht ändern, wenn am Freitag die 39. Zweitliga-Saison angepfiffen wird. Mit den Absteigern 1. FC Köln, Hertha BSC und 1. FC Kaiserslautern sind Clubs mit enormer Tradition und viel Anziehungskraft aus der Beletage heruntergekommen - ganz zur Freude der kleinen Vereine, die sich dank fieberhafter Arbeit und dem Geld von wenigen Großsponsoren weiter in der Liga halten. Oder solchen Dorfclubs, die gerade erst aus der 3. Liga dazugestoßen sind - wie dem Sportverein Sandhausen aus der Kurpfalz.
„Die 2. Liga ist sportlich ganz klar aufgewertet worden. Zum einen durch die Absteiger. Und dann wären da noch Teams wie 1860 München, St. Pauli, Dresden und Paderborn“, sagt Trainer Gerd Dais. Sieben neue Logen mussten im dörflichen Stadion am Hardtwald neu her, dazu 600 Business-Plätze und eine neue Rasenheizung. „Für uns ist die Liga absolutes Neuland“, bekennt Sandhausens Dais. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir auch eine Etage höher bestehen können.“
Die beträchtlichen wirtschaftlichen Unterschiede unterteilen die 2. Liga inzwischen in zwei Lager: Die eine Hälfte der auf dem Fußballparkett gestählten Clubs kämpft um die Rückkehr in die Bundesliga, die andere gegen den Abstieg. Echtes Mittelmaß gibt es praktisch nicht mehr, wie die vergangenen Spielzeiten bewiesen haben.
Entsprechend unübersichtlich ist auch das Feld der Mitfavoriten. Neben den drei Bundesliga-Absteigern räumen die 18 Zweitliga-Trainer vor allem dem FC St. Pauli und 1860 München große Chancen ein, wie eine dpa-Umfrage unter den Coaches ergab. Auch die früheren Erstligaclubs VfL Bochum, MSV Duisburg und Energie Cottbus wollen wieder hoch hinaus. Als Geheimfavorit gilt der FC Ingolstadt nach seiner sommerlichen Einkaufstour, bei der die Oberbayern unter anderem Ümit Korkmaz (Eintracht Frankfurt), André Mijatovic (Hertha BSC) und Christian Eigler (1. FC Nürnberg) verpflichteten.
„Ich weiß, dass der Aufstieg kein einfaches Unterfangen ist“, urteilt Lauterns Trainer Franco Foda, „denn es gibt eine Reihe von Mannschaften, die auch nach oben wollen.“ Beim FCK ist der Substanzverlust durch den unerwarteten Abstieg aus dem Oberhaus immer noch übersichtlich im Vergleich zu Köln und der Hertha.
Am Rhein schränkt die Finanznot das Handeln enorm ein. Seit Wochen versucht der FC, mehrere in der 2. Liga nicht zu bezahlende Stars wie Michael Rensing oder Ex-Kapitän Pedro Geromel von der Gehaltsliste zu bekommen. Bisher mit wenig Erfolg. „Wir können mit der Lage nicht zufrieden sein. Die Gründe liegen natürlich bei den wirtschaftlichen Einbußen durch den Abstieg, aber auch in den finanziellen Lasten der Vergangenheit“, sagt Präsident Werner Spinner.
Die Berliner hatten durch den Millionen-Verkauf des Brasilianers Raffael das nötige Geld, um sich ein nominell starkes Team zusammenzustellen. Das Ziel ist klar. „Wir wollen wieder aufsteigen“, betont Trainer Jos Luhukay. Zum entscheidenden Meisterschaftsspiel im Olympiastadion dann im Frühjahr 2013 vielleicht vor ausverkauftem Haus und mehr als 74 000 Zuschauern.
In der 15 000-Seelen-Gemeinde Sandhausen werden es nie so viele werden. Passend zur Bevölkerungszahl sollen gut 15 000 Anhänger nach abgeschlossenem Umbau ins Hardtwaldstadion passen. Menschenströme zu ihren Spielen sind die Nordbadener Kicker aber sowieso nicht gewohnt. „Selbst Waldhof Mannheim hatte in der Regionalliga manchmal mehr Zuschauer als wir. Aber vielleicht schaut der ein oder andere ja mal vorbei“, sinniert Trainer Dais. Die erste Zweitligasaison der Vereinsgeschichte wäre jedenfalls der passende Anlass.