Zum 65.: Komapatient Flohe soll wieder wach werden
Düsseldorf (dpa) - Wolfgang Overath schwärmt noch heute von seinem einstigen Mitspieler. „Er war einer der größten Techniker des 1. FC Köln und des deutschen Fußballs überhaupt“, sagte der frühere Präsident des Traditionsvereins über Heinz Flohe.
Aber das Schicksal meinte es nicht gut mit dem ehemaligen Nationalspieler und dessen Familie: Seit fast drei Jahren liegt der WM-Teilnehmer von 1974 und 1978 nach Herzproblemen im Wachkoma. Nun vollendet Flohe sein 65. Lebensjahr. Seine Frau Ursula wünscht ihm, „dass er wieder wach wird. Diese Hoffnung hat man immer. Und dass es ihm dort, wo er jetzt ist, gut geht.“
Niemand weiß, ob Flohe jemals wieder ein normales Leben führen kann. Seine Frau nicht, sein Sohn Nino nicht, auch Overath nicht, der immer wieder aufs Neue betroffen ist, wenn er über die Begegnungen mit „Flocke“ spricht, wie der 39-malige Nationalspieler genannt wird. „Er liegt da, du streichelst ihm die Wange, er schaut dich mit großen Augen an und dreht sich wieder weg. Und du weißt nicht, ob er überhaupt etwas wahrnimmt.“ Overath empfindet das als „traurig und tragisch. Flocke ist so ein feiner, anständiger, sauberer Kerl. Und er war einer unserer ganz großen Fußballer.“
Ursula und Nino Flohe kümmern sich rührend um den Ehemann und Vater. Ursula besucht ihn fast täglich im Reha-Zentrum in Düren, wo Heinz Flohe liegt, künstlich ernährt und 24 Stunden am Tag betreut wird. „Man arrangiert sich. Heinz hat in meinem Leben oberste Priorität. Ich habe mein Leben auf ihn eingestellt.“ Und sie freut sich, wenn er die Augen öffnet, wenn man ihn streichelt oder ihn anspricht. „Aber eines wissen wir nicht: ob er das merkt. Er macht die Augen auf, aber er fixiert uns nicht.“
Ursula Flohe weiß aber, ob es ihrem Mann gut geht oder nicht. Er reagiert mit Reflexen, ohne dass seine Familie Gewissheit hat, dass er etwas wahrnimmt. „Bekommt er etwas mit? Keiner weiß es!“ Es bleibt nur die Hoffnung, Frau Flohe informiert sich und kennt Schicksale von Wachkoma-Menschen, die nach langer Zeit wieder aufwachen. Medizinische Möglichkeiten gibt es nicht: „Man kann ihm kein Medikament geben und er wird wieder wach“, erläutert sie. „Ich lebe nur im Heute, weil ich nicht weiß, was morgen sein wird.“ Und es ist ein Trost für sie, „dass er nicht vergessen ist. Die Anteilnahme ist riesig, das ist Wahnsinn.“
Es ist ein bitteres Schicksal für Heinz Flohe, der von 1966 bis 1979 für den 1. FC Köln aktiv war und die Glanzzeiten dieses Vereins, für den er 453 Pflichtspiele absolvierte, mit geprägt hat. 1977 wurde er mit dem FC Pokalsieger, ein Jahr später führte er das Team als Kapitän zum Double. In der Nationalmannschaft bestritt er 39 Spiele, erzielte acht Tore und war Mitglied der Weltmeister-Mannschaft von 1974.
1979 wechselte Flohe zu 1860 München. Im gleichen Jahr zog er sich einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch zu und musste seine Karriere mit 31 Jahren beenden. Danach war Flohe unter anderem als Trainer bei seinem Jugendverein TSC Euskirchen und im Nachwuchsbereich des 1. FC Köln tätig.
Viele wussten von seiner Herzschwäche. Auch Flohe selbst. Im Januar 2004 wurde er in Bad Oeynhausen am Herzen operiert. Im Mai 2010 brach er bei einem Spaziergang in Köln zusammen. Die Mediziner kämpften um sein Leben. Flohe sollte wieder aus dem künstlichen Schlaf erweckt werden, in den die Ärzte ihn versetzt hatten. Er sollte nach 24 Stunden wieder aufwachen. Er tat es nicht. Was bleibt, ist die Hoffnung.