Borussia fliegt nach Heimpleite aus der Europa League
Mönchengladbach. Es hatte in den vergangenen Wochen ja durchaus den Anschein, dass sich Borussia Mönchengladbach zu einem echten Spitzenteam entwickelt hat. Sämtliche Gegner - selbst solche, die höheren Ansprüchen genügen, wie der FC Schalke oder der FC Sevilla - stellen sich gegen die Elf von Trainer Lucien Favre hinten rein, um nicht von den wieselflinken Borussen überrannt zu werden.
Zudem kassiert der VfL kaum noch Tore, und braucht wenige eigene, um Punkte zu holen.
Gestern, im Zwischenrunden-Rückspiel der Europa League gegen den FC Sevilla, war das anders. Zwar versammelten sich auch die Spanier über die gesamten 90 Minuten vorzugsweise vor dem eigenen Strafraum. Aber mit den 1:0-Spielen, von denen die Borussia in den ersten sechs Partien des Jahres 2015 gleich fünf erlebte, hatte das Spiel gegen den Spitzenverein aus der andalusischen Metropole nicht viel gemein.
Am Ende hieß es 2:3. Das reicht nach dem 0:1 in Hinspiel naturgemäß zwar nicht für den Einzug ins Achtelfinale, ließ aber dennoch keinen der 45 337 Zuschauer allzu enttäuscht nach Hause gehen.
Zumindest nicht, wenn es um die Bewertung der eigenen Mannschaft ging. Die kämpfte, kratzte, biss und warf über 90 Minuten alles in die Waagschale, was es für einen emotionalen Europapokalabend braucht. Nach den ersten beiden Rückständen hatte sie jeweils eine Antwort. Und selbst nach dem Platzverweis für Granit Xhaka (68./Gelb-Rot) schaltete die Borussia keinen Gang zurück und versuchte beim Stand von 2:2 weiter alles, um die erforderlichen zwei Tore für das Weiterkommen zu erzielen.
Das galt auch für Trainer Favre, der einen Stürmer nach dem anderen brachte und spätestens in der Schlussphase de facto seine Abwehr auflöste. So gab es immer mehr Lücken, die Vitolo in der 79. Minute schließlich zum endgültig entscheidenden 3:2 nutzte.
Was dem Gladbacher Publikum eher weniger gefiel, war das Verhalten der Gäste, die sich nicht nur hinten einigelten, sondern die vor allem jede noch so kleine Gelegenheit nutzen, um an der Uhr zu drehen. Dutzende Male lagen die in Weiß gekleideten Spanier auf dem Rasen, ließen sich selbst nach Allerweltsfouls gestenreich und leidend von den Medizinern behandeln, um dann gleich wieder aufzuspringen und zurück aufs Feld zu sprinten, als sei nie etwas gewesen. Auch Torhüter Sergio Rico dürfte nach dem gestrigen Abend eher wenige neue Freunde am Niederrhein gewonnen haben. Jeden Abstoß zog er in die Länge. Bereits in der ersten Hälfte gab ihm Schiedsrichter Marijo Strahonja deswegen Gelb.
Weil der FC Sevilla aber hin und wieder doch den Vorwärtsgang suchte und gleich drei seiner Chancen nutzte, war die Niederlage für die Borussia zwar unglücklich, aber nicht unverdient. Das erkannten auch die Zuschauer, die zu keinem Zeitpunkt resignierten, sondern ihr Team auch in den letzten Minuten eines verlorenen Spiels nach vorne schrieen. Dass ihrer Mannschaft dann doch noch etwas fehlt, um ein echtes Spitzenteam zu sein, das selbst mit international erfahrene Truppen aus dem Europapokal wirft, war da zweitrangig