Borussia Mönchengladbach Arie van Lent:„Wahrscheinlich konnten sie mein Gesicht nicht mehr sehen“

Mönchengladbach · Nach sieben Jahren als Gladbacher Nachwuchstrainer ist in diesem Sommer Schluss für Arie van Lent.

Arie van Lent

Foto: Dieter Wiechmann

Wann immer auch und ob überhaupt in dieser Fußball-Saison noch mal gespielt wird – nach fast sieben Jahren geht im Sommer die Zeit von Arie van Lent als Trainer diverser Nachwuchsmannschaften von Borussia Mönchengladbach zu Ende.

Wie vertreiben Sie sich gerade so die Zeit und was machen ihre Spieler aus der U23?

Arie van Lent: Die Jungs haben derzeit bekanntlich Trainingsverbot, ich habe ihnen aber natürlich individuelle Fitness-Pläne für zu Hause erstellt. Es ist eine Situation, die wir alle so noch nicht erlebt haben. Es gilt, das Beste draus zu machen. Ich für meinen Teil habe ja einen großen Garten als Betätigungsfeld.

In der Regionalliga West steht ihre Mannschaft auf dem achten Platz. Die erste Abstiegsregion mit Wuppertal und Haltern ist zehn Punkte entfernt, auf Verl und Rödinghausen an der Spitze sind es allerdings 20 respektive 30 Punkte Rückstand. Wie fällt ihr Zwischenfazit zu dieser Situation aus?

Van Lent: Für uns im Verein ist sie völlig normal. Wir hatten vor der Saison intern besprochen, dass es ein schwieriges Jahr werden könnte. Die dann unerwartet gut verlaufene Hinrunde hat zu einer höheren Erwartungshaltung geführt, aktuell machen wir es aber nun eben nicht mehr so gut. Nur ein Sieg in der Rückrunde belegt das. Die Art und Weise wie wir Fußball spielen, ist gerade nicht so optimal.

Welche Gründe gibt es dafür, ist es lediglich der Winter-Transfer des zwölfmal erfolgreichen Torjägers Charalampos Makridis zum Zweitligisten SSV Jahn Regensburg?

Van Lent: Nicht nur, das wäre zu einfach. Natürlich fehlt er uns, weil wir nun zu viele gleiche Typen an Stürmern im Kader haben. Aber insgesamt sind die Jungs in ihrer Entwicklung erst am Anfang, ihre Leistungen daher erklärbar wechselhaft. In der einen Woche spielen sie echt gut, dann zwei Wochen weniger gut. Hinzu kommt, dass zu Beginn der Rückrunde einige Akteure wie Angreifer Justin Steinkötter und Mittelfeldspieler Marco Cirillo wegen einer Grippe pausieren mussten. Die Jungs haben drei Wochen gefehlt. Da ist uns auch im Rhythmus etwas verloren gegangen.

Was sind für Sie die positiven Erkenntnisse?

Van Lent: Dass in Torhüter Jan Olschowsky, Rechtsverteidiger Kaan Kurt sowie den Angreifern Jacob Italiano und Conor Noss vier A-Jugendliche nah dran sind. Deshalb bringe ich sie, auch wenn das in der Regionalliga schon mal nach hinten losgehen kann. Wir wollen sie auf diesem Niveau Erfahrung sammeln lassen, obwohl sie dort manchmal eben Lehrgeld zahlen müssen.

Ist einer ihrer Spieler auch schon nah dran an den Profis, Torjäger Justin Steinkötter etwa?

Van Lent: Conor Noss hat in einem Europa-League-Spiel mal auf der Bank gesessen, insgesamt jedoch käme der Sprung für alle zu früh. Auch Justin braucht noch Zeit, er ist mit allem etwas später dran. Aber er ist ein echter Instinktfußballer mit gutem Torriecher.

Wie er sich weiter entwickelt, werden Sie nur noch aus der Ferne beobachten können. Nach fünf Spielzeiten mit aktuell 152 Begegnungen sowie einem Schnitt von 1,81 Punkten pro Partie wird Ihr Vertrag nicht verlängert. Warum?

Van Lent: Wahrscheinlich konnten Sie mein Gesicht nicht mehr sehen (lacht). Nein - es war eine tolle Zeit für alle und der Verein findet jetzt den Zeitpunkt richtig, mit einer Veränderung etwas Neues zu probieren. Es stimmt, dass ich gerne geblieben wäre, aber wir gehen im Guten auseinander. Es hat zwischen uns nie etwas Negatives gegeben und das wird es auch nicht geben.

Welches Resümee ziehen Sie aus den fünf Jahren?

Van Lent: Mit der Zeit bei der U19 sind es sogar sieben. Es waren interessante Jahre, besonders als U23-Trainer. Da musst du was den Kader betrifft Rücksicht auf alle nehmen, auf die Profis wie auf die A-Jugend. Die Aufgabe ist jedes Jahr eine neue gewesen und ich glaube, dass ich sie durch ordentliche Platzierungen Jahr für Jahr gut gemeistert habe.

Haben Sie schon Pläne, wie es weitergeht?

Van Lent: Ich bin für alles offen, möchte allerdings auf jeden Fall als Trainer weiter arbeiten. Die Entscheidung muss jedoch auch im Sinne der Familie getroffen werden. In den vergangenen sieben Jahren war es schließlich ein Segen, mit meiner Frau und unseren zwei Kindern in Korschenbroich quasi vor der Haustüre arbeiten zu können.

Wissen Sie, dass ein Internet-Portal Sie zum drittbesten Angreifer der Borussia in diesem Jahrtausend gekürt hat – noch vor Raffael?

Van Lent: Ja, eine meiner beiden Töchter hat es mir gestern berichtet. Ich habe ihr mit einem Schmunzeln gesagt: „Was, nur dritter?“ Raffael und auch die vor mir eingestuften Oliver Neuville sowie Spitzenreiter Marco Reus sind schon eine Klasse für sich. Vielleicht ist bei mir honoriert worden, dass ich in einer kritischen Zeit zur Stelle war.