Erster Heimsieg für Gladbach seit Januar Thuram erlöst verunsicherte Fohlen
Mönchengladbach · Der junge Franzose Marcus Thuram kam von der Bank, sah und traf doppelt. Doch die Zweifel an Gladbachs Stärke bleiben.
Für alle, die es mit Borussia Mönchengladbach hielten, waren es schier endlose 20 Sekunden. Dann korrigierte Schiedsrichter Christian Dingert seine Abseits-Entscheidung nach Video-Beweis im "Kölner Keller" auf kein Abseits und zeigte zur Mitte. In der Nordkurve mit den treuesten der Borussen-Fans löste es ein Erdbeben aus. Gleichzeitig rannten Gladbachs Spieler wie von der Tarantel gestochen zur Trainerbank und bildeten dort eine laut jubelnde Traube. Die Erleichterung über den sehr späten Siegtreffer gegen Fortuna Düsseldorf in der 87. Minute war deutlich zu vernehmen. ,,So schaut's aus, so gewinnt man Spiele", schrie Verteidiger Stefan Lainer mit seinem österreichischen Dialekt im Kabinengang des Borussia-Parks.
Das 2:1 (0:1) gegen den rheinischen Nachbarn bedeutet nach dem 1:0 beim 1. FC Köln nicht nur den zweiten Derby-Erfolg binnen einer guten Woche. Viel wichtiger mutet dieser Sieg für die spürbar angeknackste Psyche nach dem desaströsen 0:4 gegen den Wolfsberger AC in der Europa League am vergangenen Donnerstag an. Denn als die Fortuna schon nach fünf Minuten durch Adams in Führung gegangen war, nährte ein Komplett-Absturz der gesamten Gladbacher Programmierung die Zweifel am Spiel-System von Trainer Marco Rose. ,,Wir haben viel zu wenig investiert und jede Menge Fehlpässe produziert. Vor der Pause war das viel zu wenig. Uns hat jegliches Selbstvertrauen gefehlt", erklärte Torhüter und Kapitän Yann Sommer.
Rose: ,,Wer nicht an sein Limit geht, bekommt Probleme"
Dass Kritik und Selbstzweifel rund eine Stunde nach der Kabinensitzung zwischen den beiden höchst unterschiedlichen Hälften zumindest vorerst verstummt sind, war zwei Faktoren geschuldet. Zum einen verpasste es die Fortuna wie schon beim 1:2 in Frankfurt, dem angeschlagenen Gegner den K.o. zu versetzen. Zum anderen konnte sich die Borussia einmal mehr darauf verlassen, dass sie von der Bank aus offensive Wucht nachlegen kann. War es beim 3:1 in Mainz Breel Embolo gewesen, so avancierte nun Marcus Thuram zum Matchwinner. Der Franzose wurde von Trainer Rose in der 67. Minute auf das Spielfeld beordert. Lediglich sieben Minuten später hatte er nach einem exakten Pass von Lainer das 1:1 markiert. Noch vor einer Woche in Köln war Thuram ausgewechselt worden, zudem gab es eine lautstarke Ansage von Trainer Rose.
,,Fußball ist immer mehr ein physischer Sport geworden. Wer dabei nicht an sein Limit geht, bekommt Probleme. Marcus hatte in Köln nicht mehr die Meter gemacht, die wir für unser intensives Spiel brauchen", erklärte Rose und fügte hinzu: ,,Dass er heute zunächst draußen war, hat ihm gut getan. Er ist jung und in einem für ihn neuen Land in einer für ihn neuen Liga. Heute konnte er sich mal zunächst ausruhen. Aber dann war zu sehen, was er zu leisten im Stande ist."
Erster Heimsieg seit Januar, doch bis zu Werders Husarenritt dürfte der Weg zu schwer sein
Thurams Qualitäten sind Abschlussstärke, Instinkt und Durchsetzungsvermögen. Besonders im Strafraum und dort wurde er dann kurz vor Spielschluss auch zum umjubelten Derby-Helden. Nach einer irren Szene mit Lattentreffer wie Torwartparade drückte der 22-Jährige den Ball energisch über die Linie und beendete so obendrein die schwarze Heim-Serie der "Fohlenelf". Seit dem 2:0 gegen den FC Augsburg am 26. Januar mussten die Anhänger der Elf vom Niederrhein bei vier Unentschieden und sieben Niederlagen insgesamt elf Spiele auf einen Erfolg ihrer Mannschaft im eigenen Stadion warten.
Ob das 2:1 gegen die Fortuna allerdings nun die endgültige Initialzündung war, darf weiter bezweifelt werden. Zu schwer tut sich die Borussia selbst gegen das leistungsbereite Mittelmaß der Bundesliga, um aktuell an höhere Saison-Zielen denken zu dürfen.
,,Wir haben auch stets betont, dass mit dem neuen Trainer für uns nicht gleich alles vom Himmel fallen wird", Sagte Manager Max Eberl. Auch wenn ein ganz besonderes Detail sogar von den größten nationalen Weihen träumen lässt. Im Juli 2003 verlor Werder Bremen als vor Gladbach letzter Bundesligist gegen einen österreichischen Club mit 0:4. Knapp zehn Monate nach dem Debakel beim SV Pasching feierte Werder den Gewinn der Deutschen Meisterschaft...