Fußball Bundesliga Was Borussia Mönchengladbach falsch macht

Analyse | Mönchengladbach · Das 2:3 gegen Bayer Leverkusen hat die Schwachstellen von Borussia Mönchengladbach wieder einmal offengelegt.

Torwart Jonas Omlin liegt nach dem Tor zum 0:1 im Netz. Er hat sich sein Debut als Nachfolger seines Schweizer Landsmanns Yann Sommer sicher anders vorgestellt.

Foto: dpa/David Inderlied

Die Aussagen nach dem Spiel waren allesamt stimmig. Julian Waigl befand, dass die Borussia Mönchengladbach im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen Mentalität gezeigt habe. Und Cheftrainer Daniel Farke bemühte die Statistik, die in fast allen relevanten Punkten seine Mannschaft vorn sah, nur eben nicht bei der Wichtigsten.

Unter der Rubrik Tore standen zwei für den Gastgeber zu Buche und drei für den Gast. Dass Gladbachs Trainer das „enttäuschend“ fand, liegt auf der Hand. Auf dem Platz hingegen lag in den 90 Minuten zuvor die Wahrheit. Und die erinnerte in Teilen an das 1:3 vor ein paar Wochen gegen Eintracht Frankfurt. Sie lautet: Wenn es schnell wird, dann geraten die Fohlen in Not. So war es gegen die Eintracht, noch deutlicher wurde es gegen die Konzernkicker aus Leverkusen.

Das 2:3 täuscht über die tatsächlichen Kräfteverhältnisse hinweg. Gladbach war nicht richtig schlecht, ließ jedoch jede Durchschlagskraft vermissen. Bayer hingegen hätte mit ein wenig mehr Konsequenz im Konterspiel auch 4 oder 5:0 führen können, ehe der eingewechselte Lars Stindl seiner Mannschaft mit dem Anschlusstreffer wieder Leben einhauchte. Doch da war das Spiel schon entschieden, das 2:3 in der Nachspielzeit mehr Ergebniskosmetik als realitätsnahe Wiedergabe des Verlaufs.

Das Spiel haben weder Kramer noch Omlin verloren

Im „Netz“ philosophierten die Fans der Gladbacher nachher über die Aufstellung Farkes. Mit Christoph Kramer auf der Position hinter den stumpfen Spitzen der Gladbacher hatte der Trainer überrascht, allerdings mehr die eigenen Anhänger als die Mannschaft von Xavi Alonso. Kramer ist schlauer Fußballspieler, der seinem Team aus der Tiefe des Raumes viel geben kann, so weit vorn verpuffen seine Fähigkeiten offenkundig. Nach kaum 30 Ballkontakten und 55 Minuten beendete Farke das Experiment. Die Zeit von Lars Stindl begann.

Das Spiel haben aber weder Kramer noch der sehr präsente neue Torhüter Jonas Omlin verloren. Die Niederlage ist allein der zu niedrigen Geschwindigkeit im Kader von Borussia Mönchengladbach zuzuschreiben. Weder gelang es Ramy Bensebaini, seinen Ballverlust im Laufduell mit Moussa Diaby wettzumachen, noch hatte Nico Elvedi die Chance, Amine Adli einzuholen. Beide Gladbacher waren ohne Ball am Fuß deutlich langsamer als ihre Gegenspieler mit Ball am Fuß.

Und beide Male klingelte es letztlich. Der Rest des Spiels war zwangsläufig. Gladbach mühte sich weitgehend erfolglos um Tiefe im Spiel, Leverkusen konterte. „Da kannst Du auch richtig böse aussehen“, sagte Farke nachher. Dass es anders kam, lag vor allem an Stindl und an der Tatsache, dass Gästetrainer Alonso seine Defensive durch Auswechslungen schwächte. Aber das Unentschieden fiel nicht mehr, es hätte den Spielverlauf auch auf den Kopf gestellt.

Die Begegnung erinnerte an zwei Mannschaften, die sich im Fahrstuhl begegnen. Die einen, Leverkusen, nach vier Siegen in Folge auf dem Weg nach oben, die Gladbacher trotz eines in jeder Hinsicht blendenden 4:2 gegen Dortmund vor der WM-Pause auf dem Weg nach unten ins graue Mittelfeld. Denn nun folgen Auswärtspartien in Augsburg und Hoffenheim, und die Fohlenelf hat auf fremden Plätzen schon lange nicht mehr Angst und Schrecken verbreitetet. Von der unteren Tabellenhälfte aus dürfte es jedoch schwierig werden, wieder Anschluss an die Plätze zu finden, die für ein internationales Geschäft qualifizieren.

Obendrein droht im Sommer der Umbruch im Kader. Während Bensebaini mit seinen unerklärlichen Formschwankungen zwischen Weltklasse gegen Dortmund und Kreisklasse gegen Leverkusen mit Luca Netz noch ersetzbar sein dürfte, sieht es ganz vorn schon schlechter aus. Ohne Marcus Thuram fehlten Gladbach am Sonntag im Borussia Park Tempo, Technik und Torgefahr. Nathan Ngoumou konnte seinen Landsmann zu keiner Zeit ersetzen, ist zwar sichtlich talentiert, aber vermutlich auch kein Mittelstürmer. Thuram wird im Sommer nicht zu halten sein und Gladbach ablösefrei verlassen.

Der zumindest gerüchteweise intensiv umworbene Kroate Dion Beljo hat sich schon dem anscheinend zu Geld gekommenen FC Augsburg angeschlossen. Gerüchte, nach denen Niclas Füllkrug sich potenteren Clubs zuwenden will, könnten Substanz haben, aber nicht für Gladbach. Denn ob Füllkrug in Bremen nicht international spielt oder am Niederrhein, dürfte für den Stürmer der Nationalelf keinen Unterschied ausmachen.

Das Spiel gegen Leverkusen gibt Virkus recht

Da trifft es sich wahrscheinlich ganz gut, dass zumindest die Gladbacher Verantwortlichen die Lage in der Liga nach glanzvollen und glanzlosen Auftritten gleichmütig realistisch einschätzen. „Alles gut, alles auf dem Weg“, befand Präsident Rolf Königs (82) in der vergangenen Woche im Kreise von Journalisten. Und Sportdirektor Roland Virkus lässt auch keine Gelegenheit für den Hinweis aus, niemand dürfe erwarten, dass Borussia Mönchengladbach sich immer für den Europapokal qualifiziert.

Das Spiel gegen die auf einen Zähler herangerückten Leverkusener gibt dem Nachfolger von Max Eberl recht, zumal die direkte Konkurrenz, neben Bayer also auch Wolfsburg, Union Berlin, Eintracht Frankfurt, stetig gewinnen und noch schon um vier beziehungsweise acht Punkte enteilt sind. Auch insofern sind die Partien am Mittwoch in Augsburg und am Samstag in Hoffenheim richtungsweisend.