Christoph Kramer ist noch nicht fertig
Sein Weggang ist fix. Der Weltmeister aber will sich voll reinhängen.
Mönchengladbach. Deutschland ist Weltmeister und Christoph Kramer ein Weltmeister mit Blackout. Millionen Zuschauer an den Fernsehschirmen erlebten im vergangenen Sommer den benommenen, den torkelnden Kramer. Der Gladbacher spielte im siegreichen Finale gegen Argentinien mit Gehirnerschütterung weiter, ehe er — fast geistesabwesend — den Platz verließ und ausgewechselt wurde. Zwar kam der gebürtige Solinger in Brasilien insgesamt nur auf 43 Spielminuten, doch wie kein anderer Spieler verkörperte der 23-Jährige die Rolle des fast sensationellen Aufsteigers, die des über Nacht Nachnominierten, der in Maracana seinen Traum lebte.
Aber auch nach dem emotionalen Fußball-Festival in Südamerika 2014 hat der Rummel um Christoph Kramer kaum nachgelassen. Und daran dürfte sich auch in den kommenden drei Bundesliga-Monaten nichts ändern, den unwiderruflich letzten Auftritten Kramers im Dress von Borussia Mönchengladbach. Die Fohlen Elf verliert ihren Weltmeister und großen Kämpfer an Bayer Leverkusen.
„Ich werde bis zur letzten Minute bei der Borussia Gas geben, vielleicht reicht es ja noch für einen Champions-League-Platz, das wäre ein toller Abschluss meiner Zeit in Gladbach“, sagt der Mittelfeldspieler, der sich manchmal selbst wundert, dass er es im Sauseschritt zum Stammspieler in der Bundesliga gebracht hat. Dabei müsse er noch viel lernen und intensiv an seinen Schwachstellen arbeiten: seinen schlappen linken Fuß und mangelnde Schnelligkeit hat er als Manko ausgemacht: „Manchmal muss ich auch einfach mehr aufs Tempo drücken, das Spiel beschleunigen.“
Am besten, Kramer fängt damit gleich zum Rückrunden-Auftakt beim VfB Stuttgart an. Denn die Gladbacher Borussia braucht beim Tanz auf drei Hochzeiten im Mittelfeld einen agilen, robusten und ideenreichen Kramer. In der Hinrunde blitzte das Können des Weltmeisters nicht immer auf. Er wirkte zuweilen passiv und fand nur sporadisch seinen Rhythmus. Lediglich zwei Treffer, aber keine Vorlage, gehen auf sein Konto. Obendrein leistete sich der Leverkusener in spe den Fehlschuss des Jahres beim 0:1 in Dortmund, als er seinen eigenen Torwart mit einem knallharten Rückpass schachmatt setzte.
Im Gegensatz zu Kramer blühte sein Nebenmann Granit Xhaka regelrecht auf und war einer der konstantesten Spieler der Hinrunde. Neben dem Schweizer sind noch Tony Jantschke und Martin Stranzl zu nennen sowie Xhakas Nationalmannschaftskollege zwischen den Pfosten, Yann Sommer. Alles in allem hat das Team von Lucien Favre Hoffnungen geweckt, auch in dieser Spielzeit wieder im oberen Tabellenbereich mitzumischen. Die neuen Spieler haben sich schnell integriert, Favres Rotationsprinzip funktioniert.
Dass der fünffache Deutsche Meister Ende Oktober im Borussia-Park den FC Bayern München als bis dato einziges Team in der Liga an den Rand einer Niederlage gebracht hatte, brachte ihm viel Lob ein. In dieser Partie zeigte auch Kramer sein wahres Gesicht und lieferte eine Länderspiel-reife Vorstellung ab, eine Leistung, die eines Weltmeisters würdig war. „Daran will ich anknüpfen“, sagt Kramer.