Mönchengladbach droht Europa zu verpassen Auf der Zielgeraden geht’s für Gladbach bergab

Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbach kämpft leidenschaftlich und verliert doch. Das Hecking-Team droht Europa erneut zu verpassen.

Die Vorentscheidung: Leipzigs Marcel Halstenberg (l) trifft gegen Gladbachs Torwart Yann Sommer zum 2:0.

Foto: dpa/Marius Becker

Während Marco Rose, ab 1. Juni neuer Trainer bei Borussia Mönchengladbach, die Alpenrepublik mutmaßlich als Meister verlässt, vielleicht sogar noch als zusätzliches Beiwerk den Pokal gewinnt, ist der Kollege Dieter Hecking vom linken Niederrhein kurz vor dem Ende seiner Gladbach-Ära noch nicht am Ziel seiner Gladbacher Träume. Und womöglich zerplatzen auch die noch: Hoffenheim (50 Zähler) und Leverkusen (48) sitzen der Fohlen-Elf (51) nun dicht im Nacken.

„Es geht brutal eng zu im Kampf um Europa“, konstatierte Mittelfeld-Stratege Christoph Kramer nach der 1:2-Heimniederlage gegen RB Leipzig am vergangenen Samstagabend. Das zähe Ringen um das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs spitzt sich immer mehr zu. Zumal Gladbach  auf der Zielgeraden ihrer 51. Saison im Fußball-Oberhaus wie  in den beiden vergangenen Spielzeiten als „launische Diva“ in Erscheinung tritt und ihre signifikanten Schwankungen daheim offenbar nicht in den Griff bekommt.  Immerhin ließ der Tabellenfünfte im Borussia-Park nichts unversucht, um den Sachsen Paroli zu bieten und musste sich erst nach einem leidenschaftlichen Kampf geschlagen geben.

„Natürlich ist das kein schönes Gefühl. Ich denke, dass wir ein richtig gutes Heimspiel gemacht haben“, sagte Dieter Hecking nach dem sechsten sieglosen Spiel in der heimischen Arena. „Ich kann der Mannschaft überhaupt nichts vorwerfen, wir haben alles versucht.“ Allerdings vergaß Hecking nicht, die Schwächen im Spiel seiner Mannschaft anzusprechen. Er gab seinem designierten Nachfolger und den Planern im Borussia-Park sogar einen wertvollen Tipp mit auf den Weg: „Die Schnelligkeits-Defizite auf dem Platz waren nicht zu übersehen. Ich denke, das sollte der Punkt sein, an dem Borussia in der neuen Spielzeit ansetzen muss.“ Was insbesondere beim 2:0 der Gäste (53.) durch Marcel Halstenberg deutlich wurde, den Gladbachs Abwehr-Organisator Tobias Strobl vor dessen Treffer nicht aufhalten konnte.

Defizite anderer Art wies ein Großteil der Borussen-Anhänger in der Nordkurve auf. Bei der groß angelegten Aktion „Pro Traditionsverein“ wurden die Grenzen des guten Geschmacks weit überschritten. Waren die zu Hunderten an den Mann gebrachten Trillerpfeifen, die bei jedem Leipziger Angriff an Phonstärke zunahmen, einfach nur nervtötend, wurde die Abneigung der Hardcore-Fans gegenüber dem Newcomer aus Leipzig durch eine Vielzahl hasserfüllter Banner deutlich, die unter anderem auf das Burn-out von Cheftrainer Rangnick vor einigen  Jahren abzielte.

Leipzig überzeugt mit schnellem Umschaltspiel

„Ich frage mich schon, wie solche Banner überhaupt ins Stadion kommen. Dafür habe ich kein Verständnis“, sagte Rangnick, den die Schmähungen nicht kalt gelassen haben. Auf der Pressekonferenz erzählte er, dass er als Jugendlicher ein großer Anhänger von Borussia Mönchengladbach gewesen sei und sogar in der VfL-Bettwäsche geschlafen habe. Gladbachs Trainer Hecking war entsetzt ob der Vorkommnisse im Stadion: „Wenn es ins Persönliche geht, habe ich null Verständnis. Das ist für mich unsäglich. Der Respekt in unserer Gesellschaft wird immer weniger“, befand der Trainer. „Man muss sich fragen, ob diese Leute einen IQ von unter Null haben.“

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Das Leipziger Fußball-Ensemble ließ sich von den Missklängen nicht aus der Fassung bringen, zog insbesondere in der ersten Hälfte ein schnelles Umschaltspiel auf, begeisterte mit einigen rasanten Angriffen und war auch in seiner defensiven Haltung eine Klasse besser. Obendrein profitierte RB Leipzig früh von einer – zumindest fragwürdigen – Elfmeter-Entscheidung, als Patrick Herrmann den Leipziger Halstenberg im Strafraum zu Fall gebracht hatte. Dieser trat selbst an und ließ sich die Chance zur 1:0-Führung (17.) nicht entgehen.

Die Borussia kämpfte, kam aber erst im zweiten Durchgang der Partie auf Touren, ja, es wurde sogar noch richtig spannend. Doch mehr als der von Neuhaus geschickt eingefädelte und von Alassane Plea vollendete Anschlusstreffer (61.) zum 1:2 sprang dabei nicht heraus. Leipzig wiederum vergab etliche Konterchancen. „Die Niederlage tut brutal weh. Wir haben sehr viel investiert“, konstatierte Gladbachs Christoph Kramer, „aber es ist manchmal komisch. In der Hinrunde haben wir Tore aus dem Nichts gemacht. Und jetzt fehlt auch immer öfter das Quäntchen Glück.“