Gladbacher Schlüsselerlebnis: „Gut für Kopf und Moral“
Hannover (dpa) - Angetrieben vom genialen Arango dreht Borussia Mönchengladbach in Hannover ein 0:2 in ein 3:2. Der spektakuläre erste Auswärtssieg der Saison soll den ersehnten Schub geben.
Lucien Favre fiel Zauberfußballer Juan Arango erleichtert um den Hals und schien von einer Zentnerlast befreit. Nach der spektakulären Neun-Minuten-Aufholjagd zum 3:2 (0:0) und dem ersten Auswärtssieg der Saison bei Hannover 96 strahlte der Trainer von Borussia Mönchengladbach verschmitzt über das ganze Gesicht. Endlich mal wieder. „Das war einfach unglaublich. Das ist gut für den Kopf und die Moral. Hier ist es nicht einfach zu gewinnen“, sagte der 54 Jahre alte Schweizer, der an den Auswärtsklatschen in Dortmund (0:5) und Bremen (0:4) zuletzt schwer zu knabbern hatte.
Trotz des vermeintlich deutlichen 0:2-Rückstandes nach 53 Minuten fiel der Überraschungsvierte der Vorsaison endlich einmal nicht auseinander. Im Gegenteil: Angetrieben vom genialen Wirbelwind Arango drehte die Borussia sogar erst richtig auf. Zwei Torvorlagen und ein frech direkt verwandelter Kunstfreistoß des Venezolaners binnen nur neun Minuten stellten die Gefühlswelt in Hannovers AWD-Arena auf den Kopf. „Ich weiß, was ich kann“, sagte Arango trocken zu seinem Geniestreich in der 79. Minute.
„Geiles Spiel und geiles Gefühl für alle Gladbacher“, meinte Borussen-Kapitän Filip Daems und fügte fast beiläufig hinzu: „Vor allem bei einer so heimstarken Mannschaft.“ Immerhin 22 Heimspiele lang war 96 ungeschlagen. Am 30. April 2011 hatten die Niedersachsen - ebenfalls gegen Gladbach - zuletzt daheim verloren. Dass der erste Auswärtserfolg in dieser furiosen Art und Weise in Hannover gelang, wertete die Elf vom Niederrhein als Schlüsselerlebnis. „Das war extrem wichtig nach den letzten beiden Spielen“, meinte Daems mit Blick auf die Auswärtspleiten zuletzt.
„So ein Auswärtserfolg kann einen richtigen Schub geben“, kommentierte auch Sportdirektor Max Eberl. Die Borussia schien zuletzt in einer gefährlichen Situation. Der personelle Umbruch nach dem Abgang von Superstar Marco Reus und den Leistungsträgern Dante und Roman Neustädter im Sommer verlief alles andere als reibungslos. Die Defensive steht lange nicht mehr so sattelfest wie in der Vorsaison. Dazu kamen kleinere öffentlich ausgetragene Scharmützel zwischen Eberl und Favre aufgrund der Sommertransfers.
Gladbach drohte in der Europa League das frühe Aus und in der Bundesliga in die Abstiegsregion abzudriften. Doch am Scheideweg der Saison zeigten die Borussen Moral und Charakter. Dem 2:0 am Donnerstag gegen Marseille im Europa-Cup folgte nun das Fußballfest von Hannover. „Das gibt uns viel Kraft“, bekräftigte Favre.
Die braucht Gladbach nun auch. „Wir haben noch zwölf Spiele in 40 Tagen“, merkte der Coach an. Schon am Mittwoch wartet das emotionale Niederrheinderby im DFB-Pokal bei Aufsteiger Fortuna Düsseldorf. Seit Sonntagabend steht die Borussia als Neunter in der Tabelle nicht nur vor Hannover, sondern erstmals auch vor dem Lokalrivalen Fortuna. Es geht voran in Gladbach.