Borussia Mönchengladbach Tony Jantschke ist Gladbachs etwas anderer Profi
Rottach-Egern · Urgestein, Entschleuniger und Heimat-Botschafter - Der Abwehrspieler hat Borussia Mönchengladbach hautnah wachsen sehen. Im Alter von 16 Jahren kam er 2006 vom FV Dresden-Nord in Borussias B-Jugend.
Vor wenigen Wochen stand Tony Jantschke auf der Dachterrasse des im März auf dem Gelände des Borussia-Parks neu eröffneten Fußball-Internates von Borussia Mönchengladbach. Lange schweifte sein Blick über das, was da so alles zu sehen ist. "Das Hotel, das Nachwuchsleistungszentrum, ein Gebäude mit Büroräumen für die Mitarbeiter - Wahnsinn, was Borussia da geleistet hat.
Ein großes Kompliment an alle daran Beteiligten. Es ist viel entstanden und der Verein kann wirklich sehr stolz darauf sein", sagte Jantschke in einer Gesprächsrunde während des Trainingslagers in Rottach-Egern am Tegernsee.
Der Abwehrspieler weiß, wovon er redet - er hat Borussia Mönchengladbach hautnah wachsen sehen. Im Alter von 16 Jahren kam er 2006 vom FV Dresden-Nord in Borussias B-Jugend. Schon etwas mehr als zwei Jahre später durfte er am 29. November 2008 beim 1:3 gegen Energie Cottbus das Bundesliga-Debüt feiern, als er in der 46. Minute für Gal Alberman eingewechselt wurde. Während der Israeli als zweijährige Rand-Personalie in Gladbachs Geschichte eingehen wird, ist Tony Jantschke schon jetzt ein Ur-Gestein. Insgesamt trug er in Pflichtspielen bis heute 329mal das Trikot mit der Raute, davon 255mal als Profi.
Jantschke macht das Dutzend an Bundesliga-Spielzeiten voll
Derzeit bereitet sich Jantschke auf seine zwölfte Bundesliga-Saison mit der "Fohlenelf" vor. Der 29-Jährige arbeitet wie immer fleißig und professionell. Ob das dann zum Platz in der Start-Elf reicht, weiß er nicht. Er kann es mit Leistung versuchen, zu beeinflussen - entscheiden aber tut es der Trainer. Der hieß in der vergangenen Saison noch Dieter Hecking. Dieser verteilte zwar stets ein Lob an Jantschke, vertraute in der Innenverteidigung aber zumeist Ginter und Elvedi. "Das muss man akzeptieren und die Rolle als Nummer drei annehmen. Wenn ich gebraucht wurde, glaube ich solide Arbeit abgeliefert und dem Team Stabilität gegeben zu haben", sagte Jantschke.
Nun heißt der Trainer Marco Rose. Wie Jantschke ein Sachse, doch einen Freifahrtschein bedeutet dies natürlich nicht. Jantschke will ihn auch gar nicht, er denkt pragmatisch. "Einige spielen mehr, andere halt weniger - das ist in jedem Kader so. Außerdem sind wir in drei Wettbewerben, da wird sicherlich rotiert und jeder seine Einsätze bekommen. Ob es für mich dann 20, 25 oder 30 werden, spielt keine so große Rolle. Der Erfolg der Mannschaft geht immer vor und ich bin stolz, dass ich in der vergangenen Saison ein Baustein für den Erfolg gewesen bin. Die Europa-Reisen werden für mich wieder ein ganz besonderes Erlebnis", so Jantschke.
Tony Jantschke - er ist der etwas andere Fußball-Profi. Einer, der Dinge lieber ein wenig entschleunigt und einer, der deshalb auch einige Dinge anprangert. "Warum soll ich jetzt Saison-Ziele formulieren? Wir wollen so lange wie möglich eine gute Rolle spielen, alle andere Aussagen fliegen mir doch sonst irgendwann um die Ohren." So wie der Borussia die verpasste Qualifikation für die Champions League. "Klar war die Rückrunde nicht so toll. Aber wir sind fünfter geworden. Hätten wir eine schlechte Hinrunde gespielt und am Ende den gleichen Platz belegt, hätten alle "Hurra" geschrien. So war es schlecht, weil die Gesellschaft nur noch negativ denkt. Eine Europacup-Teilnahme aber ist für Borussia Mönchengladbach immer ein Erfolg", so Jantschke.
Über die Erfolge der AfD ist Jantschke sehr schockiert
Doch dem Oberlausitzer ist nicht nur im Fußball das Negativ-Denken ein Dorn im Auge, er schaut dabei weit über den Rasen hinaus. "Die ganze Gesellschaft übt sich doch nur noch in schwarz und weiß. Läuft es irgendwo nicht gut, dann werden sofort Entlassungen gefordert. In der heutigen Zeit springt jeder schneller auf Trends auf, stellt jeder schneller Menschen in Frage. Das gilt auch für die Wirtschaft und die Politik", meint Jantschke. Dass dies Gruppierungen wie der AfD in die Karten spielt, gefällt Jantschke gar nicht. "Über ihre Wahl-Erfolge bin ich schon sehr schockiert. Da läuft etwas schief", sagt Jantschke.
Dass die AfD ausgerechnet in Hoyerswerda stärkste Partei im Stadtrat ist, stimmt Jantschke sehr traurig. Schließlich ist er seit über vier Jahren Botschafter seiner Geburtsstadt, sein Herz hängt an ihr. "Sie ist meine Heimat. Dort wohnt meine Familie, dort leben meine Freunde und dort will auch ich später mein Leben verbringen." In Hoyerswerda organisiert Tony Jantschke jährlich ein Fußball-Camp für den Nachwuchs und hat für die Jungs wichtige Worte. "Der Weg zum Profi ist nicht einfach und sehr oft gehört auch eine Portion Glück dazu. Man sollte jedoch alles geben und versuchen, um sich später nichts vorwerfen zu müssen." Nicht nur beim Blick von der Dachterrasse im Borussia-Park weiß Jantschke, dass er es nicht machen muss.