Borussia Mönchengladbach Granit Xhaka: "Mein Karriereplan geht sehr gut auf"

Mönchengladbach. Granit Xhaka spricht über seinen Entdecker Torsten Fink, sein Vorbild Zidane und Hilfen von Lucien Favre.Herr Xhaka, die Liga beginnt für Borussia Mönchengladbach am Samstag in Dortmund.

Granit Xhaka ist heiß auf die neue Saison mit der Borussia.

Foto: Matthias Balk

Nervös?

Granit Xhaka: Wer sagt, dass er Nervosität nicht kennt, der lügt. Aber es ist eine andere Nervosität als ich sie noch etwa im ersten Jahr hier hatte. Ich freue mich einfach, dass die Vorbereitungsspiele vorbei sind. Und gleich Dortmund kommt - da ist die Motivation natürlich noch mal eine andere. Dortmund ist für mich der Mitfavorit auf die Meisterschaft.

Und Borussia Mönchengladbach?


Xhaka: (lacht) Wir wollen auf internationalem Niveau bleiben, das ist ein klares Ziel. Was dabei herauskommt, ist eine andere Frage. Klar ist: Die letzte Saison war perfekt, für eine Rückrunde wie unsere mit 39 Punkten braucht man Glück, Zusammenhalt wie im letzten Jahr - und Qualität.

Was macht die Qualität der Borussia aus?

Xhaka:
Wir haben keine großen Stars, können als Mannschaft nur zusammen Erfolg haben. Es gibt hier keinen Robben und keinen Ribéry, die ein Spiel allein entscheiden. Wir bekommen ganz wenige Gegentore, und wir haben individuelle Klasse. Das hat man auch im Pokalspiel bei St. Pauli wieder gesehen mit Raffael und Traoré. Und im nächsten Spiel können es andere sein.

Ihr Partner im Mittelfeld, Christoph Kramer, und auch Max Kruse sind weg. Vermissen sie die beiden?

Xhaka: Wir können Kramer und Kruse nicht 1:1 ersetzen. Wir haben mit Drmic und Stindl zwei Spieler geholt, die sehr wichtig sind für uns - wie man im Fall von Lars im Pokal auch schon gesehen hat. Kramer und Kruse waren auch in der Kabine sehr wichtig für die Mannschaft, Kruse war offen und ehrlich, hat auch mal seine Meinung gesagt. Kramer war eher der ruhige Typ, mit dem ich mich blind verstanden habe. Es ist schade, wenn man jemanden an seiner Seite verliert, aber so ist das im Fußball eben. Jetzt freue ich mich auf die Neuen.

Hat sich an Ihrer Rolle etwas verändert?

Xhaka: Nein, der Trainer stellt mir Aufgaben, und die will ich erfüllen. Nicht mehr und nicht weniger. Als ich das noch anders gesehen habe im ersten Jahr ist das nach hinten losgegangen. Das will ich nicht noch einmal erleben.

Was sind das für Aufgaben, die Ihnen Favre stellt?

Xhaka: Einfach zu spielen, Zweikämpfe zu gewinnen, das schnelle und sichere Passspiel. Ich fordere gerne die Bälle, viele Spieler suchen mich auch und lassen mich das Spiel machen. So soll es auch in diesem Jahr sein.

Wann haben Sie gemerkt, dass sie besser Fußball spielen können als andere?

Xhaka: Ich bin ein Spätzünder, war enorm klein und dünn und konnte mich nicht wirklich durchsetzen. Richtig angefangen hat es mit dem WM-Titel in der U17 mit der Schweiz. Und dann hatte ich Glück mit dem Trainer Torsten Fink, der beim FC Basel schnell auf mich gesetzt und mich zum Profi gemacht hat. Wir haben heute noch Kontakt, der wird auch nie reißen. Danach ging es bergauf.

Erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung mit Lucien Favre?

Xhaka: Ja, das war kurz vor der Unterschrift. Ich kannte ihn natürlich aus der Schweiz, weil er mit Zürich als Trainer Meister geworden ist. Da war ich noch Balljunge damals. Er ist ein Trainer, der im positiven Sinne ein Fußballverrückter ist. Er sieht sehr viele Details, die nicht jeder Trainer sieht. Und zeigt sie einem in der Videoanalyse. Für einen jungen Spieler ist er ein super Trainer, unter dem man sich weiterentwickeln kann.

Nervt es nicht auch, wenn man Fehler wieder und wieder im Video gezeigt bekommt?


Xhaka: Wenn man die Fehler zweimal gesehen hat, will man sie nicht ein drittes Mal sehen. Das hilft. Er sieht Details: Gehe ich mit dem falschen Fuß in den Zweikampf? Fehlt mir ein Schritt? Das ist alles wichtig im modernen Fußball. Und ein Trainer der das sieht, der bringt mich mit meinen 22 Jahren extrem weiter.

Spielt es eine Rolle für Sie, dass Favre wie Sie Schweizer ist?


Xhaka: Viele sagen, der Trainer bringe als Schweizer nur noch Schweizer Spieler nach Gladbach. Das ist völliger Quatsch. Er ist auch von der französischen Seite der Schweiz, spricht zum Beispiel gar kein Schweizerdeutsch. So viel Nähe ist da nicht. Es muss Respekt da sein, das allein zählt.

Ihre Eltern stammen aus dem Kosovo. Was haben sie Ihnen mitgegeben?

Xhaka:
Ich werde meine Wurzeln nie verstecken, es ist die Heimat meiner Eltern, auch wenn ich in der Schweiz aufgewachsen bin. Ich stehe für Offenheit und rede nicht hinter dem Rücken anderer, so bin ich erzogen worden. Wenn etwas nicht stimmt, will ich das Gespräch unter vier Augen. Zum Anfang meiner Zeit hier in Mönchengladbach war ich vielleicht zu ehrlich, habe Dinge gesagt, die ich heute anders sagen würde. Die Leute haben mich auch nicht verstanden. Aber: ich bin froh, dass ich die Sachen gesagt habe, Vieles davon hat sich als wahr herausgestellt.

Ein Beispiel?

Xhaka: Dass ich gerne mal Champions League spielen würde. Das habe ich im ersten Jahr gesagt, alle haben sich darüber aufgeregt, ich solle erst mal Leistung bringen und ankommen. Jetzt, nach drei Jahren, spielen wir hier Champions League. Jetzt muss ich wieder von Null anfangen und es bestätigen.

Gab es Vorbilder für Sie?

Xhaka: Zinedine Zidane, auf und neben dem Platz. Man hat nie während und nach der Karriere negative Sachen von oder über ihn gehört — abgesehen von der Roten Karte im WM-Finale. Er war für viele junge Spieler ein Riesenvorbild. Ich habe ihn mal in Paris getroffen, als wir mit der Schweiz bei einem Turnier im Finale gegen Spanien verloren haben. Da war ich 12. Der kleine Granit hat zum großen Zidane aufgeschaut, es war damals ein Traum für mich. Ich war selbst wie die jungen Fans von heute, wollte Autogramme, Fotos und hoch zu den Profis.

Sie galten in der Schweiz zusammen mit Xherdan Shaqiri als Ausnahmetalent. Shaqiri ist gerade zu Stike City gewechselt, die Karriere macht einen Knick. Haben Sie die bessere Wahl getroffen mit Gladbach als er, der direkt zum FC Bayern gegangen ist?

Xhaka:
Ich will das nicht beurteilen, ich kenne Xherdan, seit ich klein bin. Jeder geht seinen Weg. Er hat bei den Bayern im ersten Jahr noch sehr viel gespielt, Guardiola hat dann aber nicht mehr auf ihn gesetzt. Was bei Inter Mailand passiert ist, weiß ich nicht, ich hatte seitdem auch keinen Kontakt mehr zu ihm. Die Frage ist: Kann man Nein sagen, wenn ein absoluter Topklub anklopft?

Das können vielleicht besser Sie beantworten.

Xhaka: (lacht) Ich hatte auch Angebote von größeren Vereinen als Borussia Mönchengladbach, auch als ich noch in Basel war. Für mich war aber immer wichtig, dass ich den Zwischenschritt mache. Ein Verein, der Tradition hat wie Gladbach, aber noch nicht zum Top-Top-Niveau gehört. Dass ich erst einmal ankomme und spiele, mental und physisch zulege. Ich finde, dass mein Karriereplan sehr gut aufgeht.

Und wie geht der weiter?

Xhaka: Jeder Spieler wünscht sich, mal in einem Topverein zu spielen, das ist auch mein Traum. Auf diesem Weg arbeite ich täglich sehr hart. Jetzt konzentriere ich mich auf Gladbach.

Im Gegensatz zu vielen anderen Teamkollegen haben Sie bereits in der Champions League gespielt. Das erste Mal 2010/11 in der Qualifikation gegen Debrecen...

Xhaka: Es war mein erstes Spiel dort mit Basel, ich kam in der 90. Minute rein und habe sofort ein Tor gemacht. Es war noch einmal ein anderes Gefühl. Die Hymne hören, ausverkauft, gegen die Besten — davon träumt jeder Spieler. Wir haben das hier jetzt mit ganz viel harter Arbeit geschafft, jetzt genießen wir es — aber wir wollen sicher nicht Vierter in der Gruppe sein.

Könnte die Belastung zu groß werden?


Xhaka: Wir haben es auch schon in der Europa League gut gemacht. Auch wenn die Königsklasse mit Barcelona, Real oder Chelsea noch anderes Kaliber ist. Wir wollen was reißen.