Max Eberl: "Das Gesamtpaket Borussia Mönchengladbach ist sehr spannend"

Rottach-Egern. Max Eberl ist in diesen Tagen im Trainingslager von Borussia Mönchengladbach ein gefragter Gesprächspartner. Der Sportdirektor des Fußball-Bundesligisten vom Niederrhein genießt die Aufmerksamkeit von Fans und Journalisten nach dem Einzug in den Europapokal, der Einkaufstour quer durch Europa und der Vertragsverlängerung mit Trainer Lucien Favre.

Im Gespräch mit unserer Zeitung spricht der 38-Jährige über die Ziele, die spektakulären Zugänge und die lange Sommerpause.

Herr Eberl, man sieht Sie hier in Rottach-Egern sehr viel lachen. Sind Sie derzeit der glücklichste Sportdirektor der Liga?

Max Eberl: Ich strahle, weil ich gesund bin, wir hier eine wunderschöne Umgebung haben und wir die Transfers getätigt haben, die wir uns vorgestellt haben. Aber gegen Vergleiche, der glücklichste Manager der Liga zu sein, sträube ich mich ein wenig.

Schmeicheln Sie Vergleiche mit Uli Hoeneß?

Eberl: Uli Hoeneß hat den Job 32 Jahre lang auf eine unglaubliche Art und Weise gemacht und gehört zu den führenden Köpfen im Weltfußball. In meiner Jugendzeit bei Bayern München durfte ich ihn als Mensch kennenlernen. Als Manager muss er für jeden, der diesen Beruf ausübt, ein Stück weit Idol sein. Aber vor allem der Mensch Uli Hoeneß ist für mich eine herausragende Persönlichkeit.

Uli Hoeneß durfte als Manager von Bayern München oft viel Geld für Transfers ausgeben. In diesem Sommer waren Sie in dieser exponierten Lage. Wie kam es zum neuen Reichtum von Borussia Mönchengladbach?

Eberl: Die Vergleiche, wir wären Transfermeister, sind sehr einseitig. Wir gehörten in der vergangenen Saison neben Borussia Dortmund, Bayern München und Schalke 04 zu den Einnahmen-Meistern. Es gab Mehrerlöse im Ticketing, bei den TV-und Sponsoreneinnahmen. Hinzu kommt, dass wir Europapokal spielen. Die Gruppenphase der Europa League haben wir sicher und dadurch mehrere Millionen Euro Mehreinnahmen, die wir nicht eingeplant hatten. Das war die Grundvoraussetzung, um derart in die Mannschaft investieren zu können. Es ist übrigens falsch, dass wir 30 Millionen Euro ,oben drauf’ investieren, da wir eklatant wichtige Abgänge hinnehmen mussten.

Beschreiben Sie bitte einmal die Zugänge in wenigen Worten.

Eberl: Alvaro Dominguez hat mit 23 Jahren große Europapokal-Erfahrung, hat zweimal als Stammspieler mit Atletico Madrid die Europa-League gewonnen. Er ist ein spielerisch starker Innenverteidiger. Auch Granit Xhaka hat bereits internationale Erfahrung, bei Länderspielen und im Europapokal, gesammelt. Von ihm erwarten wir trotz seiner 19 Jahre im Zentrum strategische Fähigkeiten und den tödlichen Pass in die Spitze. Peniel Mlapa ist ein Stürmer, der uns mehr Möglichkeiten gib mit seiner Robustheit und Schnelligkeit. Er ist ein anderer Stürmertyp als das, was wir bisher haben. Luuk de Jong hat in den Niederlanden und in Europa nachgewiesen, dass er Tore machen kann. Er ist laufstark, kann Tore vorbereiten und passt charakterlich zum Verein. Branimir Hrgota ist enorm abschlussstark, schnell, hat eine gute Technik und kann, wenn er sich an die Robustheit in der Bundesliga gewöhnt hat, eine Überraschung sein. Bei fünf Zugängen und drei Abgängen steht der Kader damit.

Warum war es so leicht, alle Wunschspieler zu bekommen? Was macht die Borussia 2012 so interessant?

Eberl: Der Verein geht nachhaltig einen Weg, den man erkennen kann. Der Verein hat eine große Tradition, bei der Entwicklung der Mannschaft wurde auf spielerische Qualität geachtet. Junge Spieler können sich hier entwickeln. Marco Marin und Marco Reus sind die jüngsten Beispiele. Die Art und Weise, wie wir in der vergangenen Saison Fußball gespielt haben, hat vielen imponiert. Natürlich spielt auch Trainer Lucien Favre eine Rolle. Das führt dazu, dass sich Spieler für uns entscheiden, die das früher wohl nicht gemacht hätten. Das Gesamtpaket Borussia Mönchengladbach ist derzeit sehr spannend.

Wie groß ist der Anteil von Lucien Favre am Erfolg?

Eberl: Er korrigiert die Spieler sehr viel auf dem Trainingsplatz. Er sagt, wo sie hinzulaufen haben. Er hat der Mannschaft ein System gegeben, in dem Abläufe aufeinander abgestimmt sind, verschoben und kommuniziert wird. Das saugen die Spieler auf. Es war wichtig, Spieler zu finden, die noch zuhören. Denn Spieler, die eine gute Qualität haben, aber nicht mehr hören auf das, was der Trainer sagt, weil sie meinen, alles erlebt zu haben, macht keinen Sinn.

Wie groß ist die Gefahr, dass Lucien Favre Mönchengladbach 2013 verlässt?

Eberl: So weit denke ich nicht. Ich bin froh, dass wir den Vertrag bis 2015 verlängern konnten, weil es ein sehr gutes Zeichen ist. Er hat gesagt, dass er sich sehr wohl fühlt und sich mit dem Weg identifiziert, den wir gehen. Was 2013 passieren könnte — das ist mir zu viel Konjunktiv. Wir müssen uns jetzt vorbereiten auf sehr wichtige Spiele in der Champions-League-Qualifikation und eine schwere Bundesliga-Saison.

Werden die Spieler die Doppelbelastung verkraften?

Eberl: Die Spieler und der Verein müssen wissen, dass es eine ganz andere Situation als bisher wird. Oft genug haben Klubs wie Schalke, Bremen oder Stuttgart darunter gelitten. Jedem muss bewusst sein, wie wichtig es ist, hochkonzentriert Europa anzugehen, aber vor allem die Bundesliga ernst zu nehmen. Das ist unser tägliches Brot, hier müssen wir uns weiterentwickeln. Die Priorität liegt zu 100 Prozent bei der Bundesliga.

Was ist möglich für Borussia in der neuen Bundesliga-Saison?

Eberl: Wir wollten vor der vergangenen Saison 40 plus X Punkte, also Platz zehn. Das Ergebnis war sensationell. Diese Überraschungsmannschaft hat nun drei wichtige Spieler verloren, die wir mit intelligenten, guten Transfers ersetzt haben. Diese müssen aber erst einmal Fuß fassen, ein wenig Geduld ist gefragt. 40 plus X bleibt der Ausgangspunkt, Nachhaltigkeit und Einstelligkeit in der Tabelle ist das Ziel. Bayern, Dortmund und Schalke sind nicht der Maßstab, auch Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim investieren seit Jahren so viel Geld, wie wir es jetzt ein Mal getan haben, sehen sich selbsternannt im internationalen Geschäft. Danach folgen Stuttgart, Bremen, Hamburg, Hannover und Gladbach. Da kann sich jeder einen Tabellenplatz ausrechnen.

In den vergangenen Wochen wurde das Thema lange Sommerpause heiß diskutiert. War sie zu lang?

Eberl: Ich finde, dass die Sommerpause extrem lang war. Und das in einer Zeit, in der das Wetter besser ist als im Winter, wo es oft schwierig ist mit dem Fußball spielen. Wir sollten uns Gedanken machen, ob das, was wir tun, noch zeitgemäß ist. Drei bis vier Wochen Urlaub für die Spieler sind ausreichend.

Sepp Blatter war ein großes Thema.

Eberl: Da halte ich mich komplett raus.

Mit dem Zwangsabstieg der Glasgow Rangers scheint der erste Schritt zum Financial Fairplay getan. Wie wichtig ist das für den deutschen Fußball?

Eberl: Das Financial Fairplay würde für deutsche Klubs kein großes Problem bedeuten. Es würde die Chancengleichheit erhöhen, weil viele andere Ligen große Probleme haben werden und Deutschland davon profitieren könnte. Generell muss es Richtlinien oder eine Vereinheitlichung geben, um eine Chancengleichheit zu haben. Dass Klubs 700 Millionen Euro Schulden haben, andere auf den Cent genau haushalten, und das wird in keinster Weise berücksichtigt, das kann es ja auch nicht sein.

Robin Dutt ist als neuer Sportdirektor des DFB vorgestellt worden. Freut sie das?

Eberl: Das ist überraschend. Robin Dutt war bisher Trainer, nun geht er in ein Sportdirektor-Amt, dessen Hauptaugenmerk auf Jugendarbeit liegt und die Entwicklung von Strategien. Das hat Matthias Sammer hervorragend gemacht. Ich glaube, dass Robin Dutt sich dieser Herausforderung stellen kann und wird. Er ist ein gelassener Fachmann, das kann dem DFB gut tun.