Gespräch im Trainingslager Gladbachs Nico Elvedi: „Das kann man von mir schon verlangen“
Auf Gladbachs Nico Elvedi kommt nach Ginters Abgang noch mehr Verantwortung zu. Doch für den Innenverteidiger beginnt nicht nur deshalb ein neues Kapitel bei der Borussia.
Nico Elvedi hat die zweite Liga stets im Blick. Nein - der Innenverteidiger von Borussia Mönchengladbach fürchtet nicht um den Klassenerhalt, sein Interesse am Unterhaus ist familiärer Art. Nahezu unbemerkt von den deutschen Fußball-Medien nämlich spielt sein Zwillingsbruder seit zwei Jahren für den SSV Jahn Regensburg. Im Sommer 2020 wechselte Jan Elvedi vom Schweizer Drittligisten SC Kriens zu den Donaustädtern. Deren damaliger Sport-Geschäftsführer Christian Keller (inzwischen beim 1. FC Köln) lobte seinerzeit Elvedis Athletik, Mentalität und Aggressivität im Spiel gegen den Ball sowie seine Fähigkeiten im Aufbau. 52 Partien mit einer durchschnittlichen Einsatzzeit von knapp 80 Minuten haben den ebenfalls als Innenverteidiger agierenden Jan Elvedi zu einem Leistungsträger der Oberpfälzer werden lassen und perspektivisch traut ihm der Bruder mehr zu. „Ich glaube schon, dass Jan den Sprung in die Bundesliga schaffen kann. Im Moment aber ist er beim SSV Jahn noch sehr gut aufgehoben. Ich träume seit zwei Jahren davon, dass wir im DFB-Pokal mal aufeinandertreffen", sagte Nico Elvedi im Trainingslager der Borussia am Tegernsee.
Zumindest in der ersten Runde wird es das Duell der Zwillinge auch in diesem Jahr nicht geben, für Nico hingegen soll und darf es mit der Borussia nicht wieder so eine unrunde Saison geben wie die vergangene. „Ich bin eigentlich eher ein Typ, der nach vorne schaut. Aber natürlich gibt es in einigen Bereichen Nachholbedarf sowie Verbesserungspotenzial. Dafür haben wir bis zum Bundesliga-Start nun noch vier Wochen Zeit", sagte Elvedi. Der 25-Jährige stand in der Saison 2021/22 in 31 der 37 Pflichtpartien auf dem Platz und als Abwehrspieler bei der Flut an Gegentreffern natürlich besonders in der Kritik. Natürlich gab es individuelle Fehler, der Grund für die defensive Anfälligkeit aber lag im taktischen Verhalten aller. „Das Kernproblem war, dass wir als Mannschaft nicht dicht genug verteidigt haben. Das hat unser neuer Trainer Daniel Farke auch bereits analysiert und angesprochen. Wir müssen im Spiel gegen den Ball Abläufe optimieren", erörterte Elvedi. Die von Farke-Vorgänger Adi Hütter präferierte Dreier-Abwehr kritisierte der Schweizer nicht explizit, sein Unbehagen über sie klang jedoch durch. „Mit einer Viererkette steht eine Mannschaft kompakter."
Elvedi könnte bei Borussia zehn Jahre voll machen
Farke bevorzugt diese Viererkette, doch für Nico Elvedi beginnt nicht nur deshalb ein neues Kapitel. Durch den Abgang von Matthias Ginter zum SC Freiburg mutiert der 1,89 Meter lange Innenverteidiger qua seiner Vita im Verein nun eigentlich zum neuen Abwehrchef. 2015 kam Elvedi für vier Millionen Euro vom FC Zürich zur Borussia.
Bereits nach lediglich acht Einsätzen in der Regionalliga-Mannschaft wurde er zu den Profis befördert und adaptierte dort die Bundesliga auch überraschend schnell. Ein Lautsprecher ist er trotz seiner inzwischen 38 A-Länderspiele für die Schweizer "Nati" immer noch nicht, weshalb er in der medialen Wahrnehmung einer Partie oft zu kurz kommt. Gegen die Rolle als neuer Abwehrchef der Gladbacher wehrt er sich allerdings nicht. „Ich bin jetzt 25 und seit sieben Jahren bei der Borussia. Da kann man von mir schon verlangen, dass ich eine tragende Rolle einnehme und zudem die jungen Spieler führe."
236 Pflichtspiele hat der gebürtige Züricher inzwischen für die "Fohlen" bestritten und war dabei an für einen Verteidiger erstaunlichen 20 Treffern (elf Tore, neun Vorlagen) beteiligt. Nebenher absolvierte er in der Zeit kurz nach seinem Transfer auf der Geschäftsstelle eine kaufmännische Ausbildung. Sein Vertrag wurde gerade erst bis 2024 verlängert und beinhaltet seitens des Vereins eine leistungsbezogene Option auf Ausdehnung, der Elvedi nicht abgeneigt wäre. „Zu Beginn ist es keine einfache Zeit gewesen. Da habe ich mich schon gefragt, ob der Wechsel die richtige Entscheidung war. Inzwischen aber fühlen sich meine Freundin und ich in Mönchengladbach richtig wohl, wir haben viele neue Freunde gefunden."
Für Sportdirektor Roland Virkus ist der Blondschopf auch deshalb ein wichtiger Bestandteil, weil dieser trotz seines ausländischen Passes die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorgeschriebene Forderung erfüllt, einer von mindestens acht lokal ausgebildeten Lizenzspielern in einem Kader zu sein. Überdies fiel Elvedi wegen Verletzungen bislang kaum einmal länger aus. „Ich habe eine gute Muskulatur, wärme mich allerdings auch immer sehr intensiv auf und nehme mir zudem viel Zeit für die Regeneration", sagt Elvedi. Was er allerdings auch weiterhin nicht beeinflussen kann, ist die Auslosung im DFB-Pokal.