Brasilianer Ailton: Ich muss bald nach Hause
Torschützenkönig, KFC Uerdingen, Dschungelcamp — nun endet die Karriere.
Bingen/Krefeld. „Wo ist denn Ailton“, quengelt ein Junge und prellt ungeduldig seinen mitgebrachten Fußball auf den Boden. Aber der Papa des Kleinen weiß es nicht, und der Manager von Ailtons neuem Verein Hassia Bingen wusste es eine Stunde vor Anpfiff auch nicht.
„Er hat gestern angerufen und gesagt, dass er noch in Berlin ist. Er hofft, dass er es zum Spiel schafft“, sagt Stefan Seidel mit einem Lächeln: „Es wird nie langweilig mit Ailton.“
1998 hatte der Brasilianer seine Karriere in Deutschland bei Werder Bremen begonnen. Mit seiner trotz des runden Bauchs beeindruckend explosiven Schnelligkeit bekam er den Spitznamen „Kugelblitz“ und brachte Trainer und Vereinsbosse andauernd mit eigenmächtig verlängerten Heimaturlauben zur Verzweiflung.
Er war Bundesliga-Torschützenkönig, wurde als erster ausländischer Profi in Deutschland zum Spieler des Jahres gewählt und flirtete sich im RTL-Dschungelcamp in die Herzen der Zuschauer.
2009 wechselte Ailton zum Niederrheinligisten KFC Uerdingen 05 — ein PR-Gag, dachten viele, doch er unterschrieb einen Zwei-Jahres-Vertrag.
Jetzt spielt der 39-Jährige bei Hassia Bingen in der sechsten Liga. Gemeinsam mit drei finanzkräftigen Sponsoren hatte der Verein Ailton im Juli verpflichtet.
„Hassia Bingen ist ein kleiner Verein, macht nicht so viel Druck, spielt ganz locker — und natürlich weniger trainieren, das ist wichtig“, betont Ailton. Er habe vor allem mehr Zeit für seine Kinder Stella und Ailton junior haben wollen. Bingen wollte mit dem Torjäger seine Offensive verstärken, der Verein hat den schlechtesten Angriff der Liga und liegt inzwischen auf einem Abstiegsplatz. Sechs von zehn Toren hat Ailton erzielt.
Auf jeden Fall sorgte er zu Saisonbeginn in Bingen für volle Stadien. „Die Besucherzahlen haben sich bei den ersten Spielen unglaublich entwickelt“, sagt Manager Seidel. Zum Liga-Start seien knapp 2000 Zuschauer gekommen, danach noch einmal 1000.
Am vergangenen Sonntag gegen den Tabellenzweiten Schott Mainz sind es allerdings nur noch 300 Stadionbesucher. Ailton hat es zur allgemeinen Erleichterung tatsächlich noch zum Spiel geschafft, bleibt aber auf der Bank. Als er nach der Halbzeit eingewechselt wird, steht es schon 0:1 gegen seinen Klub.
Seidel träumt davon, dass Ailton in Bingen seine Karriere beenden wird. Nur sein Stürmer ist da offenbar anderer Meinung: „Zwei, drei Monate geht noch. Solange habe ich noch die Motivation, ein bisschen Fußball zu spielen und danach muss ich nach Hause“, verrät der Südamerikaner.
„In der Winterpause muss ich zurück nach Brasilien und überlegen. Vielleicht komme ich wieder, vielleicht nicht.“