Bundesliga 2:0 gegen Köln: Brandt ist Leverkusens neuer Trumpf
Köln. Julian Brandt schlich äußerlich gelassen, aber doch zufrieden aus der Kölner Arena. Dem Derby zwischen dem 1.FC Köln und Bayer 04 Leverkusen hatte der 19-Jährige seinen Stempel aufgedrückt.
2:0 (2:0) gewannen die Leverkusener und revanchierten sich damit für die im Hinspiel erlittene Schlappe, und Brandt hatte großen Anteil daran. Wieder einmal. Es war lange schlecht gelaufen für ihn. Jetzt schlägt er zurück.
Der Aufstieg der Leverkusener Mannschaft empor aus elendigen Krisendiskussionen mitsamt einer wochenlang im Umfeld geführten Debatte, ob Roger Schmidt noch der richtige Trainer sei, hinauf in den Kreis der ernsthaften Anwärter auf einen direkten Champions League-Startplatz ist eng mit Julian Brandt verwoben. Der vielversprechende 19-Jährige, den Leverkusen zur Saison 2013/14 weitsichtig aus der Jugendabteilung des VfL Wolfsburg losgeeist hatte, verlor in dieser Saison zunächst so schnell an Ansehen wie sein zuvor noch bewunderter Trainer.
Spätestens nach dem 2:0-Sieg gegen den 1.FC Köln gestern ist dieses in Schieflage geratene Bild wieder gerade gerückt: Brandt brilliert im Leverkusener Spiel seit einigen Wochen, wie man es sich von ihm schon über die ganze Saison erhofft hatte: Bei den Siegen gegen Hamburg (1:0), in Stuttgart (2:0), gegen Wolfsburg (3:0) und gestern gegen Köln (2:0) mit den elementaren Dingen des Fußballs: mit Toren und Assists.
Dreimal erzielte er bei insgesamt sechs Saisontoren zuletzt das wichtige 1:0. „In der Rolle als Korkenzieher fühle ich mich ganz wohl“, sagte Brandt gestern dazu. Auch drei Assists zeugen davon, dass Brandt im Zusammenspiel mit Hakan Calhanoglu, Karim Bellarabi und Torjäger Chicharito in der Offensive derzeit eine unverzichtbare Wahl ist. Und: Wenn Brandt, der in Leverkusen einen bis 2019 gültigen Vertrag hat, in dieser Saison getroffen hat, ging Bayer Leverkusen als Sieger vom Platz.
Jenes Leverkusen, das sich im Kampf um die so wichtige erneute CL-Qualifikation voll auf die letzten fünf Spieltage gegen Frankfurt, Schalke, Berlin, Mönchengladbach und Ingolstadt konzentrieren kann - aus dem nach wie vor enttäuschenden Grund, dass kein anderer Wettbewerb mehr übrig ist. Aber : Leverkusen ist der Gewinner des Spieltags, hat von den Punktverlusten von Berlin und Mönchengladbach profitiert und ist bis auf einen Punkt an Hertha BSC auf Rang 3 herangerückt.
In Köln konnte man das Spiel der Gäste auf einen einfachen Nenner bringen: In den richtigen Momenten richtig und zu schnell für die Kölner gezaubert und viel Rückendeckung von Torwart Bernd Leno erhalten. Das reichte, weil die Gastgeber zwar ein volles Stadion (50000) hinter sich und einen enorm engagierten Leonardo Bittencourt in ihren Reihen wussten, im Abschluss bei einem Torschussverhältnis von 18:12 zugunsten der Gastgeber und in zwei entscheidenden Momenten aber dann doch zu limitiert zu Werke gingen.
Beim 1:0 der Gäste bringt Calhanoglu Bellarabi in Position, dessen Lupfer in die Strafraummitte vollendet Brandt direkt zum 1:0 (39.). Nur fünf Minuten später hat Leverkusen das Derby recht frühzeitig vorentschieden: Kramer schickt Brandt auf der linken Seite, dessen Flachpass in die Mitte verlängert wieder Bellarabi auf den Torschützen: dieses Mal ist es Chicharito, der Timo Horn im Kölner Tor keine Chance lässt.
Es ist der 16. Ligatreffer des Mexikaners. Kein Zweifel: Der Trend spricht für Bayer Leverkusen, bei den Gästen erhielt sogar noch der so lange verletzte Chilene Charles Aranguiz seinen zweiten Einsatz über mehrere Minuten. Zuletzt ist Bayer 04 bei den vier Siegen sogar viermal ohne Gegentor geblieben. Köln hingegen verlor das vierte Heimspiel in Folge und offenbarte dabei einmal mehr ein Sturmproblem: Nur 29 Tore aus 29 Spielen sind der zweitschlechteste Wert der Fußball-Bundesliga, nur Hannover hat weniger Treffer erzielt (24). Noch immer hat sich der 1.FC Köln mit seinen 34 Punkten nicht vorzeitig retten können.
Dass es anders hätte laufen können, war zu viel Leverkusener Passivität zum Ende des Spiels zu verdanken. Die Gastgeber drehten angetrieben vom starken Bittencourt noch einmal auf, scheiterten aber entweder an Leno oder an ihrer Ungenauigkeit im Abschluss. So mussten die Gäste nicht mehr wirklich zittern.
Auch Brandt nicht, der unlängst im „kicker“ erklärt hatte, was ihn derzeit stark macht. Zu viel nachgedacht habe er in den vergangenen Wochen, zu sehr im taktischen Korsett habe er gesteckt, zu verhalten agiert. Und dann: Einfach mal loslassen. „Der Knoten ist geplatzt, bei mir und bei der Mannschaft“, sagte Brandt gestern. Bernd Leno begründete die neue Leverkusener Leichtigkeit mit einer konzentrierten Vorbereitung. „Man merkt schon, wenn wir uns die ganze Woche auf ein Spiel vorbereiten können.“
Notiz am Rande: In der Nachspielzeit sah Bittencourt wegen eines rüden Fouls die Rote Karte, Wendell die Gelb-Rote. Was Brandt zu einem bemerkenswerten Kommentar veranlasste: „Wendell ist ein Heißsporn, er ist noch jung und muss noch viel lernen.“ Bis Brandt auffiel: „Jetzt spreche ich schon wie ein 30-Jähriger.“
Köln: Horn (3), Risse (4), Heinz (3,5), Maroh(4), Hector (4), Vogt (5,5), Lehmann (4,5), Gerhardt (3), Bittencourt (2,5), Zoller (4), Modeste (5), Mladenovic (3,5)
Leverkusen: Leno (1,5), Jedvaj (3), Tah (2), Ramalho (4,5), Wendell (3), Yurchenko (3,5), Kramer (3), Bellarabi (2,5), Calhanoglu (2,5), Brandt (1,5), Chicharito (2,5), Kießling (3,5)