Abschusskandidat Slomka ist plötzlich beliebt
Hannover (dpa) - So schnell kann es gehen im Fußball: Im August galt Mirko Slomka als sicherer Abschusskandidat. Und nun, nur vier Monate später, gilt der Trainer als Erfolgscoach.
Der ungeahnte Höhenflug von Hannover 96 hat den lange schwer vermittelbaren Fußball-Lehrer plötzlich sehr beliebt gemacht: Der 43-Jährige soll jetzt möglichst schnell seinen Vertrag beim Vierten der Bundesliga verlängern. Doch der Coach pokert.
„Wir sind uns im Grunde einig darüber, weiter miteinander arbeiten zu wollen“, sagte Slomka in Hannover. „Die Rahmenbedingungen müssen aber für beide Parteien stimmen“, schränkte er ein und fügte hinzu: „Wir sind noch nicht so weit“. Die Vertragslaufzeit und die Frage einer Gehaltserhöhung sind offensichtlich noch nicht geklärt. Als Tabellenvierter hat Slomka im Poker gute Karten und sagte: „Ich glaube schon, dass die Spieler ein Signal benötigen.“
Vor der Saison schien Slomkas Zukunft ungewiss, sein Verhältnis zu Sportdirekter Jörg Schmadtke galt als angespannt. Erst nach einem Krisengipfel mit Clubchef Martin Kind und einem Machtwort des starken 96-Mannes durfte der Coach bleiben. Als Hannover kurz danach im Pokal gegen die Amateure von Elversberg ausschied, sprach Kind von einer „Katastrophe“ und stellte den Trainer mehr oder weniger offen zur Disposition.
Doch der Auftaktsieg in der Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt rettete Slomka und war zugleich der Beginn des besten Saison-Auftaktes der 96-Geschichte. Als Vierter hat Slomka nun alle Argumente auf seiner Seite. „Ich denke, dass es in nächster Zeit noch ein Gespräche geben wird.“ Über Details mag der 43 Jahre alte Coach aber nicht sprechen.
Clubchef Martin Kind will aber nicht nur Slomka länger an den Club binden, sondern auch Schmadtke, dessen Kontrakt noch bis Februar 2012 läuft. Mancher wunderte sich, dass Slomka dazu sagte: „Eine Verlängerung mit Schmadtke wäre ein tolles Signal des Vereins.“
Slomka weiß, wie man sich in der Öffentlichkeit verkauft. Nach seinem Rauswurf bei Schalke 04 im April 2008 war der smarte Coach ein gern gesehener Gast einiger Fernsehsender, und er pflegte die Kontakte zu Hannovers High Society. Als Fußball-Lehrer schien er aber kaum mehr zu vermitteln, bis ihn jener Verein verpflichtete, bei dem er einst als Jugendtrainer erfolgreich war und unter Ralf Rangnick als Co-Trainer arbeitete. Nach schwierigem Start unter Slomka rettete 96 sich in der vergangenen Bundesliga-Saison im letzten Moment und steht elf Monate nach Slomkas Dienstantritt besser da, als es die größten Optimisten vermutet hätten.
Alles scheint ihm derzeit zu gelingen, selbst die Integration von zwei Ex-Nationalspielern. Der bereits aussortierte Jan Schlaudraff schaffte zuletzt den Sprung in die Stammelf, der fast schon verkaufte Mike Hanke traf zuletzt dreimal in Serie als Joker.
Nun also möglichst schnell ein neuer Vertrag - obwohl eigentlich kein Grund zur Eile besteht. „Euphorie ist kein guter Berater“, sagte Schmadtke zuletzt häufiger. Das könnte man auch bei Slomkas Vertragsverlängerung denken. Clubchef Kind aber, der für seinen hohen Verschleiß an Trainern und Managern berühmt-berüchtigt ist, will unbedingt noch vor der Winterpause verlängern.