Abstieg besiegelt: Braunschweig feiert trotzdem

Sinsheim (dpa) - So ist in der langen Geschichte der Fußball-Bundesliga wohl noch nie ein Absteiger gefeiert worden.

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Selbst bei der Rückkehr nach Braunschweig kurz nach Mitternacht wurden die Eintracht-Spieler nach dem 1:3 (0:1) bei 1899 Hoffenheim noch von rund 300 Fans bejubelt und auf eine kleine Bühne gebeten. Schon in Sinsheim waren die Absteiger von 7000 Fans wie Aufsteiger lautstark unterstützt worden.

Ein kleines Mädchen kam sogar auf den Rasen geklettert und überreichte den Spielern und Torsten Lieberknecht blau-gelb gefärbte Rosen. „Wir haben in den letzten Jahren viele unglaubliche Momente gefeiert und müssen heute leider gemeinsam trauern“, sagte Braunschweigs Trainer: „Diese Unterstützung gibt uns viel Kraft. Das nehmen wir mit in die neue Saison.“

Minutenlang dauerten diese so gar nicht zum enttäuschenden Ergebnis passenden Szenen an. Karim Bellarabi gestand später, „eine Gänsehaut gehabt“ zu haben. Ein letztes Mal zeigte dieser Verein noch einmal jenen Sportsgeist und jene Leidenschaft, mit der er in dieser Liga einen nachhaltigeren Eindruck hinterlassen hat als mit den Leistungen auf dem Platz. Auch im Abstieg verhielt sich die Eintracht anders als andere Clubs. Konsequenzen wird es in Braunschweig nicht geben. Statt einer möglichen Analyse war am Sonntag frei.

Die Eintracht hat es am Ende immerhin geschafft, dass kaum jemand in der Liga mehr sagte: Was wollen die hier? Sondern eher: Schade, dass sie nach nur einem Jahr schon wieder weg sind. Trotzdem spülte die große Welle blau-gelber Emotionen am Samstag nicht nur die größte Enttäuschung über den Abstieg weg, sondern auch einen nüchternen Blick auf die Tabelle. Denn am Ende seines Erstliga-Abenteuers hatte der Aufsteiger nicht ein abstraktes sportliches Wunder verpasst, sondern eine reelle, mit den Händen zu greifende Chance. 28 Punkte hätten gereicht, um sich vom letzten Platz in die Relegation zu retten. 25 hatte die Eintracht bereits Anfang April.

Doch ausgerechnet nach dem so gefeierten Derbysieg gegen Hannover 96 holte die Mannschaft keinen einzigen Punkt mehr und bot zeitweise Leistungen wie in Berlin und Hoffenheim, die von Bundesliga-Niveau weit entfernt waren. Warum das so war, versuchte der zuletzt so überdreht wirkende Lieberknecht („Nur wir haben es verdient, in der Liga zu bleiben.“) am Samstag ganz sachlich zu erklären. „Uns war immer klar: Wir müssen jedes Mal an die Leistungsgrenze kommen, wenn wir in dieser Liga bestehen wollen“, sagte er. Genau das über 34 Spiele zu schaffen, hat seine Mannschaft am Ende körperlich und auch mental überfordert. Den Hoffenheimer Toren durch Sebastian Rudy (15.), Roberto Firmino (64.) und Kevin Volland (70.) konnte sie nur noch das späte 1:3 durch Jan Hochscheidt (88.) entgegensetzen.

Gerade weil diese Mannschaft ihre spielerischen Grenzen hat und auch von ihrem Durchschnittsalter her langsam in die Jahre kommt, ist ein sofortiger Wiederaufstieg nicht selbstverständlich. Auf der anderen Seite sagte selbst Hoffenheims Trainer Markus Gisdol, der sich nach dem Hinspiel noch öffentlich mit Lieberknecht angelegt hatte: „Der Verein macht einen sehr gefestigten Eindruck. Ich bin mir sicher, dass sie im nächsten Jahr eine sehr gute Rolle spielen werden.“

Das Gerüst des neuen Braunschweiger Teams steht schon jetzt und unterscheidet sich auch nicht großartig vom alten. Spieler wie Mirko Boland und Orhan Ademi haben ihre Verträge vorzeitig verlängert. Und aus der Stammelf droht nach dem Abschied von Bellarabi und Daniel Davari höchstens noch der Weggang von Torjäger Domi Kumbela, der nach dem Abstieg ablösefrei gehen kann, und Ermin Bicakcic, der nun mit Bosnien bei der WM noch einmal auf sich aufmerksam machen kann.

Boland sagte später: „Als ich vor der Kurve stand, dachte ich, mit meiner Vertragsverlängerung alles richtig gemacht zu haben.“ Allein aufgrund der Fans „müssen wir jetzt alles versuchen, um die Eintracht wieder dahin zu bringen, wo sie hingehört.“ Bis zur nächsten Rückkehr in die Bundesliga soll es nicht wieder 28 Jahre dauern.