Tränen bei Nürnbergs Rekordabsteigern

Nürnberg (dpa) - Am Tag nach dem achten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga herrschte totale Leere am Vereinsgelände des 1. FC Nürnberg. Kein Training, kein Auslaufen, kaum Besucher - dafür Regen und nur acht Grad.

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Eine Seuchensaison fand ihr Ende im sportlichen Fiasko, die Franken müssen nach lediglich fünf Siegen in 34 Spielen einen Neuanfang in Liga zwei wagen. Via Internet versuchte der Club seinen Anhängern jenen Mut zurückzugeben, den die Profis durch das 1:4 auf Schalke tags zuvor vernichtet hatten. „Wir stehen wieder auf“, hieß es da, „nach ein paar Tagen des Sammelns gilt es, den Blick wieder aufzurichten, um dieses Tal zu durchschreiten.“

Schon jetzt ist klar, dass es ein langer und holpriger Weg wird. Die Mannschaft dürfte in großen Teilen auseinanderfallen, hoch bezahlte Profis wie Top-Torschütze Josip Drmic (wohl zu Bayer Leverkusen), Hiroshi Kiyotake oder Hanno Balitsch werden sowieso nicht zu halten sein. Dafür zeichnet sich ab, dass der zuletzt ebenfalls arg in die Kritik geratene Sportvorstand Martin Bader bleiben darf. Der Aufsichtsrat will in den kommenden Tagen eine Entscheidung treffen. Im Gespräch ist, dass Bader einen Sportlichen Leiter neben sich gestellt bekommt. Ein neuer Trainer für die 2. Liga muss auch her.

Bader machte deutlich, „dass wir uns im sportlichen Bereich breiter aufstellen werden. Starke Leute werden besser, wenn auch starke Leute um sie herum sind“, kommentierte er und verriet: „Wir haben da was in der Schublade.“ Der 46-Jährige brauchte allerdings erst mal einige Zeit, um sich zu erholen. Die Anzeichen von Erschöpfung und Leere waren unübersehbar. „Mir fehlen sämtliche Worte und Erklärungen. Wir haben in der Saison so viele Rückschläge erlitten und trotzdem immer wieder Chancen bekommen. Dass wir sie nicht genutzt haben, ist wahnsinnig enttäuschend und traurig“, schimpfte er.

Arm in Arm mit Co-Trainer Marek Mintal hatte Bader in Gelsenkirchen am Spielfeldrand gestanden und ins Leere gestarrt. Mit den weitgehend nicht erstligareifen Nürnberger Profis mussten beide neben dem Bundesliga-Abschied auch noch die Pfiffe von 5500 mitgereisten Fans ertragen. In den letzten Spielminuten verkroch sich Bader gar im Spielertunnel. „In dem Moment, wo du weißt, dass es nicht mehr klappt, brauchst du auch mal ein paar Minuten für dich.“

Ohne Umschweife gab der Vorstand, der seit zehn Jahren die sportliche Geschicke der Franken lenkt, seine völlige Erschöpfung zu. „Wer nach so einer Saison keinen leeren Akku hat, ist nicht mit Herzblut dabei. Ich bin einfach nur leer“, sagte Bader. „Der Verein hat eine 114-jährige Geschichte. Wir werden alles dafür tun, dass der Club schnell in die Bundesliga zurückkehrt. Mich in dieser Situation aus der Verantwortung zu stehlen, ist nicht in meinem Denken angelegt.“

Ob Bader weitermachen darf, muss final der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Klaus Schramm entscheiden. „Man wird sich in den nächsten Tagen zusammensetzen und schauen, was für den Verein das Beste ist. Ich kann nur das tun, was in meiner Macht steht“, sagte Bader und machte klar, dass er trotz des „Nackenschlags“ den Neuaufbau und die Trainersuche gern verantwortlich leiten würde. „Es geht darum, jetzt schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

Kritiker verweisen auf Baders Mitverantwortung für den sportlichen Niedergang. In FCN-Urgestein Michael Wiesinger, dem kantigen Niederländer Gertjan Verbeek sowie dem in den letzten drei Bundesligaspielen glücklosen Roger Prinzen - der sich wieder der U 23 widmen soll - verschliss der Club gleich drei Trainer.

Der Auftritt beim Champions-League-Teilnehmer Schalke 04 führte den Protagonisten den Klassenunterschied nochmals deutlich vor Augen. „Wir sind als Mannschaft verdient abgestiegen, weil wir unsere Leistung in diesem Jahr nicht hinbekommen haben“, gab Kapitän Per Nilsson kleinlaut zu. „Bitter“ nannte der verletzte Torhüter Raphael Schäfer die Katastrophen-Bilanz in einer verkorksten Saison.

Trost für die traurigen Franken spendete der Gegner. Die durch eine Fan-Freundschaft verbundenen Schalker zeigten Mitgefühl und machten Mut. „Der FCN, der FCN, der FCN steigt wieder auf“, skandierten die königsblauen Anhänger am Ende der einseitigen Partie. Schalke-Coach Jens Keller bedauert es „unglaublich, dass Nürnberg den Weg in die 2. Liga antreten“ muss: „Ich hoffe, dass alle ein glückliches Händchen beweisen, damit der FCN schnellstmöglich in die Bundesliga zurückkehrt. Mit seiner Tradition und seinen Fans gehört Nürnberg einfach in die erste Liga.“ In der Stunde des eigenen Triumphes lenkt Keller den Blick auf die Härten des Profigeschäfts: „Wir feiern, und Nürnberg ist niedergeschlagen. Da sehen wir einmal mehr, wie nahe Freud und Leid im Fußball beisammen liegen.“