Paukenschlag: Tuchel schmeißt in Mainz hin
Mainz (dpa) - Mit versteinerter Miene verkündete Christian Heidel das Ende der erfolgreichen Fußball-Ehe des FSV Mainz 05 mit Trainer Thomas Tuchel. „Stand heute ist die Zusammenarbeit beendet“, stellte Heidel nach einer rauschenden Europa-Party klar.
Einen Rosenkrieg mit dem Erfolgscoach, der vom Verein keine Freigabe aus seinem bis Sommer 2015 laufenden Vertrag erhält, will der Bundesligist aber mit allen Mitteln vermeiden. „Es wäre die größte Katastrophe, wenn wir uns vor dem Arbeitsgericht wiederfinden würden. Daran möchte ich gar nicht denken, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Intention von Thomas Tuchel ist“, erklärte Heidel.
Tuchel, der bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Sonntag nicht auf dem Podium saß, stellte in einem schriftlichen Statement klar, dass es für ihn kein Zurück gebe: „Es fällt mir aufgrund der außergewöhnlichen Charaktere meiner Spieler, ihrer unglaublichen Hingabe für Training und Spiel wahnsinnig schwer, bei meinem gefassten Entschluss zu bleiben. Trotzdem vertraue ich meiner Überzeugung und meinem Bauchgefühl als Trainer, dass ich den nächsten Entwicklungsschritt meiner Mannschaft nicht begleiten kann.“
Er habe die Entscheidung bereits im Herbst vergangenen Jahres getroffen und den Verein darüber im Januar informiert. Tuchel betonte zugleich, die Mainzer nie um eine Wechselfreigabe oder Auflösung seines Vertrages gebeten zu haben, obwohl er immer wieder von anderen Vereinen kontaktiert worden sei. Der 40-Jährige bedauerte, dass es zu keiner einvernehmlichen Lösung gekommen sei und drückte seine Hoffnung auf eine zeitnahe Einigung aus.
„Verträge werden bei Mainz immer eingehalten. Ein Wechsel ohne die Zustimmung von Mainz 05 ist nicht möglich. Das wird auch so bleiben“, betonte dagegen Heidel. Zu rechtlichen Konsequenzen des Falles könne er nichts sagen, „weil dies ein Novum ist“. Denn Tuchel wird nicht mehr zur Arbeit erscheinen. „Fakt ist, dass Thomas sich gestern mit sehr bewegenden Worten von der Mannschaft verabschiedet hat“, teilte Heidel mit.
Tuchel hatte den FSV in dieser Saison auf den siebten Tabellenplatz und damit in die Qualifikation zur Europa League geführt. Heidel würdigte den Abtrünnigen als „außergewöhnlichen Trainer und Menschen“, mit dem es in den vergangenen fünf Jahren „kein einziges Mal zu Differenzen gekommen“ sei. Es gebe keinen Krach zwischen Coach und Club.
Heil ist die Mainzer Fußball-Welt nach diesen atmosphärischen Störungen zum Saisonfinale aber ganz gewiss nicht mehr, auch wenn Heidel betonte: „Er hat hier einen Job hingelegt, den man nicht hoch genug loben kann.“
Der Manager verhehlte aber nicht, dass es in den vergangenen Monaten zu einigen Verwerfungen gekommen sei. Tuchel hatte wohl im Januar mit Schalke 04 einen unterschriftsreifen Vertrag ab dem 1. Juli ausgehandelt. Als Heidel davon erfuhr, intervenierte er bei seinem Kollegen Horst Heldt. „Ich habe ihm gesagt, dafür gibt es keine Chance“, berichtete er.
Auch mit Bayer Leverkusen soll Tuchel in Kontakt gestanden haben, bevor der Werksclub Roger Schmidt aus Salzburg verpflichtete. Trotz dieses Vertrauensbruchs kam Heidel kein böses Wort über die Lippen. „Wenn jemand hinter dem Rücken verhandelt, erfreut uns das nicht. Aber wir hatten ein sehr langes Gespräch darüber und haben ihm weiter vertraut“, sagte Heidel und fügte hinzu: „Wir wollen überhaupt keinen Stress und Streit mit ihm. Es gibt keinen Grund, sich zu fetzen.“
Dem Verein gehe es nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. Zumal Tuchel nach Kenntnis von Heidel aktuell mit keinem anderen Verein in Verhandlungen stehe. „Sollte jemand kommen, ist Mainz erster Gesprächspartner“, stellte er kategorisch klar.
Die Causa Tuchel könnte so zu einem Präzedenzfall werden. Denn Heidel weiß: „Wir können ihn nicht in Handschellen herführen.“ Doch einfach so ziehen lassen wollen die 05er, die zum dritten Mal in ihrer Vereinsgeschichte nach 2005 und 2011 einen internationalen Wettbewerb erreichten, den Trainer auch nicht.
Die Mainzer wollen die kommenden Wochen nun zur intensiven Suche nach einem Nachfolger nutzen. „Das ist eine Personalie, die für den Club so ungemein wichtig ist“, erklärte Heidel. Es gebe jedoch keinen Grund, in Aktionismus zu verfallen. Der neue Coach müsse „zu allem stehen, was Mainz in den vergangenen 15 Jahren ausgemacht hat. Dadurch wird die Auswahl kleiner“, sagte Heidel und fügte dann doch noch schmunzelnd hinzu: „Wir sind auf einem guten Weg.“