Abstiegsängste auf dem Kiez - Stanislawski ruhig

Hamburg (dpa) - „Was wäre Liebe ohne Leiden?“ fragte ein Anhänger des FC St. Pauli auf einem Plakat nach der unglücklichen 1:2-Heimpleite des Aufsteigers gegen den VfB Stuttgart.

Keine Pfiffe, keine vorzeitige Stadionflucht - die Fans stehen hinter dem Stadtteilclub, auch wenn sich die Profis wieder einmal nach einer Klassevorstellung zu naiv präsentierten und die Partie in der Schlussphase aus der Hand gaben.

Statt gefrustet davonzuschleichen, versammelten sich Mannschaft und Trainerteam wie bei Siegen am Mittelkreis, umarmten und sprachen sich Mut zu. Danach gab es Applaus und Ovationen von den Rängen - kein Fan schreibt den Club auf Relegationsplatz 16 acht Spieltage vor Saisonende ab. Auch wenn es verdammt eng wird.

„Es ist jetzt hochinteressant, nach unten zu gucken“, sagte ein extrem ruhiger Trainer Holger Stanislawski. Der VfL Wolfsburg lauert mit 26 Punkten nur zwei Zähler hinter den Hamburgern, die am kommenden Samstag zur punktgleichen Eintracht Frankfurt reisen müssen. „Wir werden auch nach diesem Nackenschlag nicht auseinanderfallen, das Spiel hat gezeigt, dass wir die Situation annehmen“, sagte Ralph Gunesch. Erst zum zweiten Mal stehen die Hanseaten in der Saison auf Rang 16.

Für den Coach gibt die Leistung gegen die Schwaben, die durch den starken Zdravko Kuzmanovic (24.) und Joker Sven Schipplock (88.) wichtige drei Punkte einfuhren und die Abstiegszone verließen, neue Hoffnung für die nächsten Wochen: „Ich bin enttäuscht, aber die extreme Leistungssteigerung zum 0:5 in Nürnberg zeigt in die richtige Richtung. Wir haben 90 Minuten Dampf gemacht. Das ist es, was uns die Jahre stark gemacht hat.“

Dagegen war der glückliche 1:0-Derby-Sieg gegen den Hamburger SV wohl nicht sehr hilfreich. Der HSV war damals das bessere Team, aber St. Pauli hing diesem Sieg zu lange nach. Ob der Verein nach vier Niederlagen in Serie noch die Kurve bekommt, bezweifeln einige Experten. So viele Verletzte, so viele unerfahrene Profis ohne Erstliga-Erfahrung.

Das Gegenbeispiel lieferte Schipplock, der kurz nach seiner Einwechslung in seinem neunten Bundesliga-Einsatz das erste Tor schoss. „Man arbeitet lange daraufhin“, sagte der 22-Jährige, „wenn es so weit ist, ist es der absolute Ausnahmezustand“. Ein großes Lob gab es auch von seinem Trainer Bruno Labbadia, der nach einem „brutalen Spiel mit Power ohne Ende“ überglücklich über die Riesenmoral seiner Truppe war.

Mit ebenfalls 28 Punkten, aber einem deutlich besseren Torverhältnis, kletterte der VfB auf Rang 13. „Ich habe die Mannschaft mit zwölf Punkten übernommen, da geht es darum, die Ordnung reinzubekommen“, sagte der ehemalige HSV-Coach, der sein Team noch ein Stück entfernt sieht von alter Sicherheit und schöner Spielkultur.