Abstiegskämpfer setzen auf Ruhe und Gelassenheit
Frankfurt/Main (dpa) - Das Symbolbild dieses Abstiegskampfes ist ein großer, geschlossener Kreis. Stuttgarts Trainer Huub Stevens rief seine Spieler nach dem 2:0-Sieg gegen Mainz noch auf dem Rasen zusammen.
Beim SC Freiburg fand dieses Ritual kurz nach dem 1:1 in Hamburg in der Kabine statt. „Ich muss den Jungs zeigen, dass wir weitergehen“, sagte Trainer Christian Streich und beschrieb damit das Motto aller sechs Abstiegskandidaten für die beiden letzten Wochen dieser Bundesliga-Saison: Ruhe bewahren, Zuversicht ausstrahlen, keine Brandreden halten, keinen Aktionismus verbreiten.
Nur vier Punkte trennen den Tabellen-13. Hertha BSC vom 18. VfB Stuttgart. Die aktuell vier schlechtesten Teams der Tabelle treffen am letzten Spieltag auch noch in zwei direkten Duellen aufeinander. Spannender geht es nicht - aber ruhiger und gelassener im Moment auch nicht. Wer seinen Trainer wechseln wollte, hat dies bereits getan. Ein Kurztrainingslager plant auch niemand mehr. „Jetzt müssen alle die Nerven behalten“, meint Hannovers Trainer Michael Frontzeck.
Hertha BSC (Platz 13, 34 Punkte, 35:50)
Alle Beobachter waren sich einig: Die Berliner haben beim 0:2 in Dortmund gespielt wie ein Absteiger. Trainer Pal Dardai drückte trotzdem selbstbewusst die Brust heraus: „Wir haben es immer noch selbst in der Hand. Beten müssen die Clubs hinter uns“, sagte er. Seine Mannschaft war schon so gut wie raus aus dem Abstiegskampf und gewann dann keines der vergangenen fünf Spiele. Eigentlich eine gefährliche Situation, aber Dardai bleibt gelassen: „Uns bleiben noch zwei Matchbälle. Wenn wir die nicht nutzen, sind wir selbst schuld.“
Hamburger SV (Platz 14, 32 Punkte, 22:48 Tore)
Sieben Punkte aus drei Spielen. Aussortierte Spieler werden auf einmal zu Matchwinnern. „Das ist das neue Gesicht des HSV“, meint Johan Djourou. Spielerisch war das 1:1 gegen Freiburg ein Rückfall in die Vor-Labbadia-Zeit. Doch der neue Trainer redet sein Team weiter stark. „Als wir angefangen haben, war der Kopf unter Wasser, wir waren kurz vor dem Ertrinken. Jetzt gucken die Lippen schon wieder raus, wir können wieder atmen, wir sind voll dabei“, sagte er dem „Kicker“. Jetzt trifft Labbadia auf seinen Ex-Club Stuttgart.
SC Freiburg (Platz 15, 31 Punkte, 33:44 Tore)
„Schluss jetzt, Ruhe!“ Die Stimme von Christian Streich drang nach dem bitteren 1:1 in Hamburg aus der Kabine. Die Freiburger haben jetzt zwei schwere Rückschläge nacheinander kassiert, aber Streich schafft es regelmäßig, sein Team wieder aufzubauen. „Der Trainer hat jedem ein gutes Gefühl gegeben, das dabei hilft, nicht lange darüber nachzudenken, dass wir zwei Punkte liegen gelassen haben“, sagte Torwart Oliver Bürki. Für den Sport-Club spricht: Er hat Erfahrung im Abstiegskampf. Niemand hat vor der Saison mehr erwartet.
Hannover 96 (Platz 16, 31 Punkte, 36:54 Tore)
Es ist schwer zu sagen, was bemerkenswerter ist: Dass Hannover 16 Spiele in Serie nicht gewonnen hat. Oder dass die Mannschaft sich trotzdem immer noch zu einer Aufholjagd wie in Wolfsburg oder einer starken Leistung wie gegen Bremen aufraffen kann. Mit dem Wechsel des Trainers und der Fahrt in ein Kurztrainingslager hat 96 bereits „zwei Patronen verschossen“, wie Leon Andreasen meint. Jetzt hilft nur noch Ruhe. „Ich bin davon überzeugt, dass wir am Ende für unseren großen Aufwand belohnt werden“, sagte Trainer Michael Frontzeck.
SC Paderborn (Platz 17, 31 Punkte, 30:62 Tore)
Von allen geduldigen und gelassenen Vertretern im Abstiegskampf sind die Paderborner noch immer die geduldigsten und gelassensten. Ein Trainerwechsel? Auf keinen Fall. Ein Trainingslager: Wozu? Jeder wusste vom ersten Spieltag an, dass es schwer werden wird. „Wir haben es immer noch in der eigenen Hand. Es ist noch nichts verloren“, sagte Süleyman Koc nach dem 1:3 gegen Wolfsburg. Alle Hoffnungen ruhen auf dem „Endspiel“ am letzten Spieltag gegen Stuttgart. Am Montag vermeldete der Aufsteiger: Alle Karten sind vergriffen.
VfB Stuttgart (Platz 18, 30 Punkte, 38:58 Tore)
Mainz-Trainer Martin Schmidt sagte am Samstag: „Diese Mannschaft hat da hinten nichts zu suchen.“ Denn der VfB hat etwas, das anderen im Abstiegskampf fehlt: Qualität. Daniel Ginczek trifft das Tor, Daniel Didavi ist ein filigraner Spielmacher, Filip Kostic „erinnert mich an Franck Ribéry“ (Lothar Matthäus). Mit dem HSV und Paderborn warten noch zwei direkte Konkurrenten, das ist Chance und Risiko zugleich. „Wir haben noch nichts erreicht. Wir stehen nach wie vor unten“, sagt Stevens. Wenigstens einer, der im Abstiegskampf noch warnt und mahnt.