Abstiegskampf: Die halbe Liga muss zittern
Stuttgart (dpa) - Die halbe Liga muss noch zittern. Neun Spieltage vor Saisonschluss ist der Kampf um den Klassenverbleib in der Fußball-Bundesliga so knisternd wie seit Jahren nicht mehr.
Bei Pokalfinalist und Champions-League-Achtelfinalist FC Schalke 04 fängt die neun Vereine umfassende Abstiegszone an. Und selbst 1899 Hoffenheim ist trotz aktuell acht Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsrang noch nicht gerettet. „Wenn wir uns weiter so präsentieren, wird's eng“, befürchtet Trainer Marco Pezzaiuoli. „Wir müssen schnellstmöglich die vierzig Punkte holen.“
Bruno Labbadias Einschätzung, der VfB Stuttgart müsse wohl „bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg kämpfen“, trifft derzeit auch auf jeden der anderen gefährdeten Kandidaten zu. An beinahe jedem Wochenende kommt es gleich zu mehreren Abstiegs-Gipfeln, „Endspielen“ und Knüllern um den Klassenverbleib. „Es sind jetzt neun Mannschaften, die gegen den Abstieg spielen. Das wird noch eine ganz heiße Sache“, prognostizierte Bremens Manager Klaus Allofs.
Schalke, das lange auf die Europa-League-Qualifikation schielte, trennen nur noch fünf Zähler vom Absturz in die Zweitklassigkeit. „Ich mache mir keine Sorgen“, versicherte Trainer Felix Magath dennoch gelassen. Werder wankt trotz seines Siegs in Freiburg weiterhin. „Für uns ist jetzt jedes Spiel ein Endspiel“, strich Torsten Frings den Ernst der Lage heraus. Tim Borowski betonte indes das Positive: „Wir können selbst bestimmen, wohin der Weg geht.“
Abgesehen vom 1. FC Köln weist keiner der neun Clubs einen klaren Aufwärtstrend auf. Seit Frank Schaefer den glücklosen Zvonimir Soldo als Coach ablöste und gravierende Personalprobleme abstellte, haben sich Podolski & Co. dank einer neuen Heimstärke kontinuierlich aus dem Tabellenkeller hochgearbeitet. Als Elfter sind die Kölner aber noch nicht sorgenfrei. „Uns fliegt nichts zu, und wir sind noch lange nicht durch“, warnte Christian Eichner.
Zumindest einen Mini-Aufschwung verzeichnen Borussia Mönchengladbach und der VfB Stuttgart. Unter dem neuen Trainer Lucien Favre glückten den seit dem neunten Spieltag auf einem Abstiegsplatz stehenden „Fohlen“ schon zwei Siege, wodurch das rettende Ufer für das einst abgeschlagene Schlusslicht wieder in Reichweite rückt. „Jeder kann die Tabelle lesen. Wir sind immer noch Letzter. Es ist und bleibt für uns ein sehr schweres Unterfangen - aber es ist nicht unmöglich“, sagte der Schweizer.
Stuttgart steckt trotz erstmals zwei Siegen nacheinander als Drittletzter weiter tief im Schlamassel. Mitte November standen die Schwaben letztmals auf einem Nichtabstiegsplatz, woran auch die zwei Trainerwechsel nichts änderten. „Unsere Chancen im Kampf um den Klassenverbleib sind nach wie vor die gleichen“, wies Sportdirektor Fredi Bobic auf die unverändert bedrohliche Lage hin.
Krasse Gegenbeispiele zu Köln sind Eintracht Frankfurt, VfL Wolfsburg und FC St. Pauli. Der seit acht Partien sieglosen und seit 724 Minuten torlosen „0 der Liga“ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“) droht im Fall einer Fortsetzung dieser Negativserie das selbe sportliche Schicksal wie einst dem 1. FC Köln (1034 Minuten ohne Treffer), 1. FC Saarbrücken (964), Karlsruher SC (753) und Tasmania Berlin (741), die jeweils abstiegen. Für den umstrittenen Trainer Michael Skibbe könnte die Partie auf Schalke zum persönlichen Endspiel werden.
Wolfsburg rutscht trotz prominenter Wintertransfers und immenser Wirtschaftskraft immer weiter ab. Eine Wende zum Besseren scheint fraglich. St. Pauli geht nach der 0:5-Klatsche in Nürnberg ziemlich angeschlagen ins Schlüsselspiel gegen Stuttgart. „Man darf sich mal auf den Arsch setzen, muss aber wieder aufstehen können“, appellierte Trainer Holger Stanislawski an den Kampfgeist seiner Schützlinge.
Erstaunlich gefasst geht der auf einen direkten Abstiegsrang abgerutschte 1. FC Kaiserslautern mit seiner Talfahrt um. „Das Gute ist, dass wir alle Mitkonkurrenten noch vor der Brust haben“, sagte Abwehrspieler Mathias Abel. Die Hoffnung haben allerdings auch die Akteure der anderen Abstiegsanwärter, da Erfolge gegen einen direkten Rivalen einen doppelt positiven Effekt haben.