Bayern feiern 25. Meistertitel auf der Couch
München (dpa) - Ganz gemütlich auf der heimischen Couch konnten die Bayern mit einem Gläschen auf den ersten von drei geplanten Titeln anstoßen. Eine spontane Jubelparty gab's nicht, auch einen gemeinsamen Fernsehabend hatten Kapitän Philipp Lahm und seine Kollegen nicht organisiert.
Den Gewinn des 25. Meistertitels durch das Gladbacher 1:0 gegen den Tabellenzweiten VfL Wolfsburg nahmen sie beim FC Bayern eher beiläufig zur Kenntnis.
Stolz auf den ersten Titelstreich waren die unersättlichen Münchner Trophäenjäger natürlich dennoch: „Den Titel zu verteidigen, das ist schon etwas Großartiges“, sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Mannschaft und Trainer hätten es „fantastisch gemacht im Jahr eins nach einer Weltmeisterschaft, wo viele Spieler von uns auf dem Platz standen“. Ehrenpräsident Franz Beckenbauer wählte im TV-Sender Sky einen liebevollen Vergleich: „Den 25. Titel kann man mit einer Silbernen Hochzeit vergleichen.“
Sportvorstand Matthias Sammer oder auch der verletzte David Alaba hatten es am Sonntagabend vorgezogen, lieber den Basketballern des FC Bayern im Bundesliga-Topspiel gegen Alba Berlin zuzuschauen. „Eine Meisterschaft ist nie etwas Normales“, sagte Sammer danach: „Aber man will mehr“, kündigte der Erfolgsbesessene sofort an.
„Es ist schöner, wenn man im Stadion Meister wird. Es ist schwer, sich auf der Couch zu freuen“, hatte Lahm schon vor der Gladbacher Schützenhilfe gegen Wolfsburg gesagt, das in den restlichen vier Spielen den 15-Punkte-Rückstand nicht mehr aufholen kann.
Pep Guardiola hatte die rechnerische Gewissheit ohnehin nicht abwarten wollen. „Wir sind schon Meister“, entschied der Trainer einfach am Samstagabend nach dem ökonomischen 1:0-Heimsieg gegen Hertha BSC. Für Guardiola war Bastian Schweinsteiger mit seinem goldenen Schuss das Münchner Meisterstück gelungen - basta! Auch Hertha-Coach Pal Dardai gratulierte schon vor dem offiziellen Vollzug zur Titelverteidigung: „Glückwunsch FC Bayern.“
Haken drunter, weiter geht's! Zeit und Muße zum Genießen haben die Münchner vor den großen Halbfinalspielen im Pokal gegen Borussia Dortmund und der Champions League gegen den FC Barcelona eh nicht. Das Timing beim „wichtigsten Titel“ (Guardiola) passte in diesem Jahr halt nicht. „Feiern können wir sowieso nicht. Wir können uns ja nicht abschießen - Dienstag ist wieder ein wichtiges Spiel“, sagte Thomas Müller angesichts des Pokal-Hits gegen den BVB.
Der Weltmeister bedauerte die gebotene Nüchternheit, mit der die Münchner Vielspieler den 989. Sieg im 1700. Bundesligaspiel mit den 75 000 Zuschauern im Stadion bejubeln mussten. „Es ist ein bisschen schade, weil diese Meisterschaft so in den Hintergrund rückt, für die man sich das ganze Jahr den Arsch aufgerissen hat“, sagte Müller.
Bierduschen, Meisterschale, Jubeltrauben auf dem Platz - all das muss noch ein paar Wochen warten. „Irgendwann werden wir auf dem Rathausbalkon stehen. Und dann werden wir richtig feiern“, sagte Kapitän Philipp Lahm zum verabredeten Party-Programm nach dem Saisonfinale im eigenen Stadion gegen den FSV Mainz am 23. Mai.
„Alles zu seiner Zeit“, betonte auch Rummenigge. Hertha war grauer Alltag, ein Zwischenspiel nach der Porto-Gala und vor dem Emotions-Klassiker gegen Dortmund. Guardiola funktionierte die Partie in einen Tag der Jugend um, schickte Mitchell Weiser (21), Gianluca Gaudino (18) und den Bundesliga-Debütanten Sinan Kurt (18) in die Manege. „Das war notwendig, dass der Trainer dem einen oder anderen Spieler eine Pause verschafft“, bemerkte Rummenigge.
Und es war ausgerechnet der Azubi Weiser, der vor 75 000 Zuschauern für den einen großen Moment sorgte, den Altmeister Schweinsteiger bei seinem Comeback nach drei Wochen Abstinenz in der 80. Minute mit dem Siegtor vollendete. Gleich vier Berliner tanzte Weiser auf dem rechten Flügel ebenso filigran wie energisch aus, bevor er Schweinsteiger den Ball maßgerecht auflegte. „Es ist einfach schön, dass ich der Mannschaft zum Sieg verhelfen konnte“, sagte Weiser. „Ein Geniestreich von Mitch“, lobte Manuel Neuer.
Der Nationaltorhüter hatte davor geglänzt, als er mit einem großen Reflex im Eins-gegen-eins-Duell mit Nico Schulz den Schuss des frei auf ihn zustürmenden Herthaners parieren konnte (54.). So sorgte Neuer für das 21. Saisonspiel ohne Gegentor, womit die Bayern den eigenen Bundesliga-Rekord aus der Saison 2012/13 einstellten.
„Wenn du Manuel Neuer hast, kannst du Großes erreichen“, schwärmte Sportvorstand Matthias Sammer nach der Monsterparade. Großes heißt, das Titel-Triple von 2013 unter Jupp Heynckes zu wiederholen. Schon am Dienstag geht es wieder um alles oder nichts, wenn Dortmund in München aufkreuzt, letztmals mit Jürgen Klopp am Spielfeldrand.
Einen Blumenstrauß der Münchner zum Abschied vor Beginn des Pokal-Fights lehnte der Borussen-Coach am Wochenende ab. „Man ist natürlich auf Angriffsmodus, das wissen wir“, erklärte Sammer verständnisvoll: „Es geht um viel. Dortmund und auch wir wollen nach Berlin. Insofern erwarte ich ein hochklassiges Spiel mit den entsprechenden Emotionen.“ Also ganz anders als gegen Hertha.