Bayern-Giganten besiegeln Schalker Horror-Woche
München (dpa) - Manuel Neuer legte mitfühlend den Arm um Ralf Fährmann und versuchte vergeblich, seinem früheren Schalke-Kumpel Trost zuzusprechen.
Elf Gegentore innerhalb von 72 Stunden - da konnte auch der Fußball-Nationaltorhüter und Ur-Schalker sein Mitleid mit dem bedauernswerten Torwart-Kollegen nicht verhehlen. „Ja klar! Er hat gegen Real und gegen uns gute Leistungen gebracht und fährt trotzdem mit einem schlechten Gefühl nach Hause“, berichtete Neuer über den kurzen Plausch mit der bedauernswerten Schießbuden-Figur Fährmann nach dem locker-flockigen 5:1 (4:0) des übermächtigen FC Bayern in einem erschreckend einseitigen Bundesliga-Topspiel.
Drei Tage nach dem 1:6-Desaster in der Champions League gegen Real Madrid stapfte Fährmann schon wieder „total sauer“ vom Platz und kannte kein Pardon mehr: „Wir waren in beiden Spielen keine richtigen Männer“, schimpfte der 25-Jährige. „Es war wieder ein Scheißtag, eine Horror-Woche“, stöhnte Kevin-Prince-Boateng. „Die erste Halbzeit war peinlich und unwürdig“, resümierte Kapitän Benedikt Höwedes: „Wir haben uns taktisch angestellt wie eine Schülermannschaft.“
Nicht nur taktisch! Den Versuch von Trainer Jens Keller, mit einer Fünf-Mann-Reihe im Mittelfeld die Räume zu verdichten, „haben wir nicht einmal zu zehn Prozent hinbekommen“, gestand Boateng. Nach Herzenslust konnten Arjen Robben & Co. ihre Spalier stehenden Gegenspieler umkurven und demütigen.
Nach 28 Minuten Turbo-Fußball stand es 4:0. „Das war eine der besten Halbzeiten, seit ich hier bin. Das war so ein hohes Tempo, wir haben sie überlaufen“, stellte der dreifache Torschütze Robben (15./28./78. Minute) fest. Der ebenfalls bärenstarke David Alaba (3.) und Mario Mandzukic (24.) mit seinem 14. Saisontor rundeten das muntere Scheibenschießen ab. „Wir haben uns in einen Rausch gespielt“, kommentierte Nationalspieler Toni Kroos.
Allein Fährmann („Mich kotzen die letzten zwei Spiele an“) verhinderte mit Paraden im halben Dutzend eine zweistellige Klatsche der bis Samstag zweitbesten Rückrunden-Mannschaft. „Unterirdisch, desaströs“, jammerte Coach Keller. Auch Sportchef Horst Heldt litt erneut: „Das tut richtig weh, das müssen wir erstmal verdauen.“ Er deutete Konsequenzen für die Kaderplanung an, zu viele hochbezahlte Profis haben ihn in der „bitteren Woche“ enttäuscht.
„Wenn du von elf Mann acht, neun auf dem Platz hast, die sich ihrem Schicksal ergeben, ist das gegen den FC Bayern nicht zu regeln“, klagte Heldt. Er mochte sich nicht mal mehr über den Platzverweis für Elfmeter-Verursacher Kyriakos Papadopoulos (75.) aufregen. Ins Bild passte, dass die Bayern durch ein Eigentor des ehemaligen Schalkers Rafinha für den Ehrentreffer sorgten.
Heldt und Keller ärgerte besonders, dass der Peruaner Jefferson Farfan nach dem 1:5 auch noch mit seinem Bayern-Landsmann Claudio Pizarro herumalberte. Heldt warf ganz offen die Qualitätsfrage auf. Real-Star Cristiano Ronaldo und die Münchner Stars würden nicht nur von ihrem Talent leben, sondern vor allem extrem hart arbeiten. „Die Bayern-Spieler haben Tag für Tag Druck. Die können sich nichts erlauben, sonst werden sie ausgetauscht“, sagte Heldt. Aber auch in Gelsenkirchen könne „man am Ende jeden Spieler greifen. Der Zeitpunkt kommt, auch wenn es nicht morgen oder übermorgen ist.“
In München ist der interne Konkurrenzdruck so groß, dass die elf von Trainer Pep Guardiola ausgewählten Spieler Woche für Woche Gas geben, egal wie groß der Vorsprung in der Tabelle ist (jetzt 20 Punkte auf Platz zwei). Die Bundesliga, in der die Münchner mit dem 15. Sieg in Serie ihren Rekord aus dem Jahr 2005 einstellten, dient nur noch als Fitness-Center für die echten Kraftproben in Europa gegen Real Madrid, Barcelona, Paris oder Chelsea. „Wenn wir in der Liga nachlassen, werden uns diese Prozente in der Champions League fehlen“, mahnte Kroos.
Die lauter werdende Debatte, dass die Bayern die Liga mit ihrer Dominanz langweilig machen, versuchte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zu entkräften. Die Alleingänge zum Titel würden „keine Dauereinrichtung in den nächsten zehn Jahren“. Schaun mer mal!