Bayer rutscht ratlos tiefer in die Krise
Leverkusen (dpa) - Aschermittwoch-Stimmung in Leverkusen, Fastnacht in Mainz: Bayer 04 rutscht nach der fünften Niederlage in Serie noch tiefer in die Krise, während die Fußballer aus der Karnevalshochburg auf Europacup-Kurs steuern.
„Wir sind bestürzt. Es tut weh“, bekannte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler nach dem 0:1 gegen den FSV Mainz 05 rat- und fassungslos. „Die Sorge ist natürlich groß, dass wir unsere angepeilten Ziele nicht erreichen. Wir müssen alles tun, um aus dem Schlamassel rauszukommen.“
Die sportliche Bilanz der vergangenen Wochen mit nur zwei Siegen in zehn Pflichtspielen ist eine des Schreckens. Nach dem Pokal-K.o. gegen Kaiserslautern, dem praktisch besiegelten Achtelfinal-Aus in der Champions League durch die 0:4-Hinspielpleite gegen Paris St. Germain und dem Verlust des zweiten Tabellenranges in der Bundesliga wird die allgemeine Verunsicherung am Rhein immer größer.
„Es mag sein, dass in unserer Mannschaft im Moment eine Leader-Figur fehlt“, stellte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade in einem vor der Partie gegen Mainz veröffentlichten Interview des Bonner „General-Anzeiger“ fest. „Einer, der die anderen mitreißt, der sie motiviert, der sie vielleicht auch mal in den Hintern tritt. Darüber müssen wir uns Gedanken machen.“
Kapitän Simon Rolfes (32) und andere ältere Spieler dürften sich da angesprochen fühlen. „Dass es mal eine schwächere Phase gibt, ist normal. Doch das ist extrem“, sagte der sichtlich angefasste Rolfes und fügte trotzig hinzu: „Ich schaue nicht auf die Tabelle, die Saison ist noch lang. Auch, wenn es Kritik hagelt und nicht gut läuft, müssen wir hart arbeiten und da rauskommen.“
Mit Durchhalteparolen allein wird es nicht gehen. „Alle guten Vorsätze, die wir die ganze Woche hatten, haben nicht richtig gefruchtet“, meinte Völler unwirsch. „Uns fehlt einfach die Leichtigkeit und Lockerheit. Das geht uns total ab. Im Moment haben wir sie definitiv nicht.“ Besonders bei den älteren Spielern sei dies zu bemerken. Deshalb schickte Bayer-Trainer Sami Hyypiä in Uwe-Seeler-Enkel Levin Öztunali und Julian Brandt zwei 17-jährige Teenager auf den Platz. „Wenn die jungen Leute besser sind als die älteren, dann müssen die Jungen spielen“, meinte der Finne.
Der ruhige Hyypiä, bisher als Trainer-Newcomer gefeiert, gerät als erfolgloser Krisenmanager nun selbst in den Blickpunkt. Weder seine Standpauken noch die mentale Hilfe eines Psychologen oder Änderungen im Training haben etwas bewirkt. „Unsere schlechte Phase geht eine Woche weiter. Jetzt müssen wir etwas anderes ausprobieren“, kündigte Hyypiä an. Was es sein könnte, sagte er nicht.
Mainz konnte sich dagegen dank des pfiffigen Hackentrick-Tores von Eric-Maxim Choupo-Moting (37. Minute) närrisch über den Sprung auf Europacup-Rang sechs freuen. „Man kann sagen, dass wir nicht mehr nach unten schauen“, stellte der Mainzer Manager Christian Heidel fest. Zur Belohnung schickte er seine Profis in den Karneval. „Die Jungs sollen das machen.“ Matchwinner Choupo-Moting ließ sich das nicht zweimal sagen: „Wenn das eine Anweisung war, müssen wir das machen.“
Nach Karnevalsende wollen die Mainzer ihre Erfolgsbilanz - nur eine Niederlage in den vergangenen neun Spielen - ausbauen und die Chance auf den Einzug in die Europa League wahren. „Es ist nicht unser oberstes Ziel, aber wir schauen schon auf Platz sieben, sechs oder fünf“, meinte Choupo-Moting. Der Mainzer Trainer hält nichts von solchen Sprüchen. „Wir können den Sieg schon richtig einordnen und sollten schön bescheiden bleiben“, warnte Thomas Tuchel.