Müller-Frust Bayern-Urgestein poltert nach Sieg gegen Ancelotti

Bremen (dpa) - Schluss mit Späßen. Noch am Spielfeldrand konnte oder wollte der sonst so lockere Thomas Müller seinen Frust nicht mehr verbergen.

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„Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will. Aber meine sind scheinbar nicht hundertprozentig gefragt“, platzte es aus dem Weltmeister nach dem 2:0 (0:0) seines FC Bayern München bei Werder Bremen im Hörfunk-Interview des Bayerischen Rundfunks heraus. Rumms!

Der 27 Jahre alte Ur-Bayer ist mächtig angefasst - so viel ist seit Samstag endgültig klar. In Bremen beim zweiten Saisonsieg des Meisters im zweiten Bundesligaspiel durch den Doppelpack von Top-Torjäger Robert Lewandowski (72./75.) saß der Nationalstürmer gut 70 Minuten lang nur auf der Bank. Auf seiner Position spielte Thiago, obwohl der Spanier den gesamten August wegen einer Bauchmuskelverletzung ausgefallen war und in Bremen erstmals überhaupt wieder zum Kader gehörte.

„Das war eine rein taktische Entscheidung. Wir wollten den gesamten Raum des Spielfeldes ausnutzen“, begründete der kritisierte Bayern-Coach Carlo Ancelotti dies und fügte in Richtung Müller hinzu: „Nach seiner Einwechslung hat er das richtig gut gemacht.“

Nett gemeinte Worte, die Müller so gar nicht hören wollte. Auf und neben dem Platz zeigte der WM-Torschützenkönig von 2010 seine ganze Verärgerung. Nur Sekunden nach seiner Hereinnahme zwang er Werder-Schlussmann Jiri Pavlenka mit einer Volley-Abnahme zu einer Glanzparade. Später im Kabinentrakt hatte er sich schon wieder halbwegs unter Kontrolle. Auf die Frage nach seiner Situation polterte er diesmal nicht los, sondern erwiderte: „Guter Versuch. Das machen wir zu gegebener Zeit. Wir haben 2:0 gewonnen, das ist das Wichtigste.“ Danach war das Interview jedoch beendet, Müller drehte lieber ab und ging weg.

Kurz vor dem Ende der Transferfrist am kommenden Donnerstag droht dem Rekordmeister Unruhe. Längst ist die Personalie Müller, der Liebling der Fans, Sympathieträger in ganz Deutschland, ein Politikum. Schon in der Sommerpause wurde öffentlich über die Rolle des Bayern-Eigengewächses debattiert. Schon in der vergangenen - für Müller persönlich etwas glücklosen - Saison schien Ancelotti wenig mit dem mitunter unkonventionellen Spiel Müllers anfangen zu können.

Nach der spektakulären Verpflichtung des derzeit verletzten Kolumbianers James Rodriguez von Real Madrid sahen Experten Müllers Rolle beim Rekordmeister in Gefahr. „Für mich ist Thomas Müller - mit dem ein oder anderen Spieler auch - die Seele und die Zukunft des FC Bayern. Und das sollte auch der Club verstehen“, hatte etwa der ehemalige Bayern-Sportdirektor Matthias Sammer gesagt.

In Bremen bekam Müller auch sogleich Unterstützung aus der Mannschaft. „Thomas ist gut drauf. Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass er die nächsten Wochen auch wieder von Beginn an spielen wird“, sagte Bayern-Kapitän Manuel Neuer. Auch der 31-Jährige sorgte mit brisanten Aussagen für Verwunderung.

Ziemlich enttäuscht auf die Nicht-Nominierung von Bundestrainer Joachim Löw für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele in Tschechien und gegen Norwegen reagierte Neuer nach seinem Comeback. „Das war ja nicht unbedingt nur die Entscheidung von mir. Ich wäre schon gerne dabei gewesen“, sagte der monatelang verletzte Weltmeister nach seinem ersten Spiel seit mehr als vier Monaten. Löw habe vor seinem Comeback zwar mit Neuer telefoniert, eine gemeinsame Entscheidung sei es aber nicht gewesen. Soviel machte der Ausnahmekeeper deutlich: „Die Verantwortlichen wollen nicht, dass wieder etwas passiert.“