Bayern voller Tatendrang - HSV mit schwerem Rucksack
München (dpa) - Die Vorfreude auf das Eröffnungsspiel der 53. Bundesliga-Saison ist enorm - zumindest beim FC Bayern.
„Jetzt fängt es endlich wieder an“, verkündete Weltmeister Jérôme Boateng nach sechs Wochen intensiver Vorbereitung in der Hoffnung auf ein rauschendes Fußballfest am Freitagabend. Vorrang habe aber das Ergebnis: „Ein guter Start ist ein Sieg!“
Beim Liga-Dino Hamburger SV löst der Gedanke an die ausverkaufte Allianz Arena eher Angstzustände aus. 0:8, 1:3, 2:9, 0:5, 0:6 lautet die Horrorbilanz der letzten fünf Gastspiele (3:31 Tore), die der Hamburger Chaosclub in seinem schweren Rucksack mit nach München schleppt. „Ich kann hier nicht den Gute-Laune-Onkel spielen“, sagte Trainer Bruno Labbadia angesichts der jüngsten Turbulenzen mit dem blamablen Pokal-K.o. in Jena und der verlorenen Tasche von Sportdirektor Peter Knäbel, die wichtige Vereinsunterlagen enthielt. Die Freude auf den Start sei „vermiest“, gestand Labbadia.
Die Bayern plagen höchstens Luxussorgen. Pep Guardiola muss aus einem Überangebot an Topstars die richtige Mischung für die erwartete Auftakt-Gala gegen den HSV zusammenstellen. Alle Profis glücklich zu machen, sei „unmöglich“ für ihn: „Die Spieler wissen, dass es nicht einfach ist für sie, zu spielen.“ Aber, erläuterte der Spanier: „Ich nehme immer die elf Spieler, die in diesem Moment das Beste für die Mannschaft sind und nicht das Beste für einzelne Spieler.“
Karl-Heinz Rummenigge geht „optimistisch“ in die neue Spielzeit. „Wir haben eine gute Mannschaft, haben uns sinnvoll verstärkt, haben einen guten Trainer“, verkündete der Vorstandsvorsitzende am Donnerstag, als der Rekordmeister die langfristige und lukrative Verlängerung mit dem Hauptsponsor (Telekom) bis 2023 bekanntgeben konnte.
Auch wenn der Gewinn der Champions League der Wunschtraum des zweimaligen Siegers (2001, 2013) bleibt, liegt der Bayern-Fokus im Alltag auf der Meisterschaft, die diesmal sogar eine historische wäre. „Wir wollen schaffen, was noch keiner Mannschaft gelungen ist, viermal in Serie Meister zu werden“, erklärte Rummenigge. Ein Selbstläufer werde das aber - nach den Alleingängen der Vorjahre - nicht, glaubt er: „Die Konkurrenz wird an uns kratzen.“
Wolfsburg, Dortmund, Gladbach und Leverkusen zählte Boateng als nationale Hauptkonkurrenten auf, aber nicht seinen Ex-Club HSV. Der Liga-Dino muss schon froh sein, wenn er im ersten Punktspiel nicht gleich wieder ordentlich verprügelt wird. Der von einer Grippe geschwächte Labbadia appellierte an sein Team: „Ich will, dass wir ein leidenschaftliches Spiel abliefern und nach München fahren, um was zu holen.“ Der 49-Jährige, der den HSV als Nothelfer erst in der Relegation gegen den Karlsruher SC vor dem erstmaligen Abstieg bewahren konnte, weiß aber: „Dafür braucht man einen Sahnetag.“
In Kapitän Johan Djourou und Mittelfeldspieler Nicolai Müller (beide muskuläre Probleme) stehen immerhin zwei HSV-Eckpfeiler wieder zur Verfügung. Müller könnte Ivica Olic aus der Startelf verdrängen, der 20-jährige Gideon Jung für den indisponierten Marcelo Diaz auflaufen.
Vielleicht ist die Historie ein kleiner Mutmacher. Auf den Tag genau vor 50 Jahren unterlagen die Bayern in ihrem ersten Bundesligaspiel am 14. August 1965 gegen den Lokalrivalen 1860 München mit 0:1. Die „50-Jahre-Mannschaft“ soll am Freitagabend in der Arena einen Sieg ihrer Nachfolger erleben. Denn im Jahr 2015 ist der FC Bayern national längst übermächtig geworden, und mit weiteren hohen Investitionen ins Personal soll das auch so bleiben. „Wir können nicht auf die Bundesliga Rücksicht nehmen“, sagte Rummenigge mit Blick auf die internationalen Ambitionen des Rekordmeisters.
Die Neuzugänge Arturo Vidal (37 Millionen Euro) und Douglas Costa (30 Millionen) erhöhen die Qualität. Der Tempodribbler Costa werde „einer der fünf besten Außenstürmer der Welt“, sagte Guardiola voraus. Und der von Juventus Turin verpflichtete Vidal bringe alles mit. „Er ist ein großer Kämpfer, der immer Vollgas gibt“, pries der Bayern-Coach den ehemaligen Leverkusener.
In diesem Spannungsfeld muss auch ein Weltmeister wie Mario Götze hart um Einsatzzeiten kämpfen. Der 23-Jährige will sich durchbeißen. „Wenn keine neue Initiative von ihm kommt, ist der Deckel drauf“, sagte Rummenigge zu einem möglichen Verkauf des Nationalspielers. Ebenfalls spannend bleibt die Situation um Trainer Guardiola, der in sein drittes und womöglich schon letztes Jahr in München startet. Geht er? Verlängert er? „Wir sind da wesentlich ruhiger und entspannter als die Öffentlichkeit“, versicherte Rummenigge.