Bayern „wie Bayern sein muss“
München (dpa) - Der FC Bayern wirbelte wieder wie zu besten Zeiten. Zwar wollte nach dem 5:1 des Rekordmeisters gegen Bayer Leverkusen und der Rückkehr auf Rang drei keiner gegen den beurlaubten Trainer Louis van Gaal nachtreten, aber der Auftritt in den 90 Minuten zuvor hatte für sich gesprochen.
„Der FC Bayern hat gespielt wie der FC Bayern spielen muss“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der im ersten von fünf Liga-Spielen unter der Regie von Interims-Coach Andries Jonker und bis zum Amtsantritt von Jupp Heynckes nicht mehr auf die quälenden vergangenen Monate zurückblicken mochte. „Dazu ist alles gesagt. Wir schauen nach vorne und nicht zurück.“
Natürlich betonten die Profis um Kapitän Philipp Lahm nach dem beeindruckenden Erfolg über die noch sechs Punkte entfernte Leverkusener Truppe brav, dass man auch unter van Gaal viele sehr gute Spiele gemacht habe.
Aber für die 69 000 Zuschauer im Stadion, die ihren zuletzt von einigen wenigen kritisierten Präsidenten Uli Hoeneß diesmal mit Sprechchören und Plakaten feierten, war die Spielfreude und das Ende der Zwangsjacken-Zeit im Team fast greifbar. Endlich waren auch wieder die unter van Gaal verpönten Primärtugenden des Fußballs erlaubt: Es wurde gegrätscht, Befreiungsschläge waren zu sehen, und ja, es wurde der Ball auch mal Richtung Tribüne gebolzt.
Größtenteils wurde jedoch schön und flink gegen einen überaus dankbar daherkommenden Gegner kombiniert - und vor allem schnell zwischen der verbesserten Defensive und der weiterhin gefährlichen Offensive gewechselt. „Andries Jonker hat einige Dinge verändert, er hat ein schnelleres Umschalten im Spiel nach vorne gefordert, mehr Aggressivität in den Zweikämpfen. Man hat heute gesehen, dass das fantastisch umgesetzt wurde“, sagte Sportdirektor Christian Nerlinger, dessen Team mit nur 41 Prozent Ballbesitz eine Saisontiefstmarke erreicht haben dürfte. Das „Weltuntergangsszenario“ Rang vier, so Nerlinger, scheint abgewendet werden zu können.
Es waren aber nicht nur die taktischen Impulse, sondern auch unter van Gaal ausgetauschte, verschmähte oder nur mangels Alternativen gebrachte Spieler. Jörg Butt wurde zwar im Tor kaum geprüft, aber Anatoli Timoschtschuk sicherte statt als Notnagel in der Innenverteidigung auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld gut ab. Miroslav Klose arbeitete als hängende Spitze enorm für den Mannschaftserfolg. „Man hat gesehen, dass ich spielen kann und die Mannschaft trotzdem gewinnen kann. Das war ein schönes Gefühl“, sagte Klose, dessen Vertrag ebenso wie der von Butt am Saisonende ausläuft.
Klose spielte unmittelbar vor den Augen von Heynckes vor, wenn auch nicht so prächtig wie Dreifachtorschütze Mario Gomez. Was aus Butt wird, hängt eng mit der Personalie Manuel Neuer zusammen. Hier scheint der Wechsel nur noch eine Frage der Zeit zu sein. „Es gibt eine klare Tendenz“, sagte Nerlinger, „die Frage ist nur, wie schnell man eine Lösung findet.“ Neuer hatte am Wochenende erklärt, dass die Entscheidung gefallen sei. Sollte sich der Schalker für die Münchner entschieden haben, geht es nur noch darum, ob Schalke in diesem Sommer eine Ablöse um die 20 Millionen Euro kassiert oder den Torhüter im Sommer des kommenden Jahres ohne Einnahme ziehen lässt.
Einzige traurige Kunde am Wochenende war für die Bayern die von der schwerkranken Mutter Jonkers, zu der der Niederländer gleich nach dem Spiel reiste. Aber am Mittwoch wird er wieder zum Training in München erwartet. Vor der Abreise betonte Jonker, dass es gut sei, in der Tabelle „wieder vor Hannover“ zu sein. „Jetzt liegt der Druck auf Hannover“, sagte der ehemalige van-Gaal-Assistent. „Unsere Aufgabe ist es, die vier verbleibenden Spiele zu gewinnen. Dafür werden wir alles tun - so wie wir es auch heute gemacht haben.“