Tränen in der Kurve Beim Abschied wird die Bundesliga-Tabelle zur Nebensache

Berlin (dpa) - Die Fans von Borussia Dortmund wählten ganz gezielt aus, wer zum Saisonabschied in die Kurve kommen darf und wer gnadenlos ausgepfiffen wird.

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Hannover 96 und seine Anhänger wirkten für einen Moment sogar versöhnt, als eine feste Größe der vergangenen Jahre weinend vor der Kurve stand und „Au revoir“ sagte. Wenn sich Spieler zum Bundesliga-Finale von ihren langjährigen Vereinen verabschieden, sind emotionale Bilder garantiert. BVB-Torwart Roman Weidenfeller und 96-Verteidiger Salif Sané waren dafür am 33. Spieltag bereits die besten Beispiele - Fortsetzung folgt.

Die BVB-Fans überschütteten Weidenfeller mit Liebesbekundungen und Fangesängen und holten ihn zu sich an den Zaun, für kurze Zeit war sogar der Frust über das enttäuschende 1:2 gegen Mainz vergessen. Doch kaum näherten sich auch die restlichen Profis der Gelben Wand, gab es gellende Pfiffe. „Das war komisch“, kommentierte Weidenfeller die skurrile Situation, „auf der einen Seite wurde ich gefeiert, auf der anderen Seite stand unsere Mannschaft ein Stück weit im Regen.“

Sané hingegen stand in der prallen Sonne und genoss seine letzten Momente bei 96. „Ich will Danke sagen für diese fünf Jahre. Die Mannschaft war wie eine Familie für mich“, sagte der Franzose, den es in diesem Sommer nach fünf starken Jahren zu Schalke 04 zieht. Auch Mitspieler Niclas Füllkrug hatte Tränen in den Augen, Trainer André Breitenreiter merkte melancholisch an: „Er wird uns sehr fehlen.“

Überall fällt das letzte Heimspiel aber nicht so gefühlig aus wie bei den scheidenden Größen in Dortmund oder Hannover. Naby Keita, der für 75 Millionen Euro zum FC Liverpool wechselt, bekam im letzten Heimspiel von RB Leipzig beispielsweise keinen eigenen Abschied. Auch Max Meyer wird bei Schalke 04 nach dem Zwist mit der Vereinsführung wohl trotz seines ablösefreien Abschieds keine Träne nachgeweint. Anders könnte es bei Nationalspieler Leon Goretzka aussehen, der zwar zum FC Bayern wechselt, die Rückrunde aber mit vollem Elan für den neuen Vize-Meister absolvierte - das schätzen die Fans im Pott.

Mehr als auf die Saisonleistung oder den Status des Spielers achten die Anhänger zum Ende einer Spielzeit auf Lebensleistung und Vereinstreue. So durften sich auch Zlatko Junuzovic bei Werder Bremen, Dominik Kaiser bei RB Leipzig und Dominic Maroh beim 1. FC Köln über ein emotionales „Bye bye“ bei ihren alten Vereinen freuen.

„Das war einmalig. Ich werde immer Fan von Werder Bremen sein“, sagte der Österreicher Junuzovic, den es im Sommer wohl wieder in seine Heimat zieht. Bei Kaisers Auswechslung kamen sogar Trainer Ralph Hasenhüttl die Tränen. Bei seinem letzten Auftritt für die Sachsen durfte der Routinier Leipzigs Team gar noch einmal als Kapitän aufs Feld führen.

Auch bei den Trainern gibt es einen nicht unbedeutenden und diesmal wohl endgültigen Bundesliga-Abschied: Jupp Heynckes verabschiedet sich fünf Jahre nach dem ersten Bayern-Vereinstriple noch einmal, diesmal zunächst nur mit der Meisterschale. Im letzten Spiel seiner Karriere hat Heynckes in der kommenden Woche noch die Chance, den DFB-Pokal gegen Frankfurt zu gewinnen.

Auf solche Glücksmomente wird Peter Stöger wohl verzichten müssen. Der BVB-Coach, dessen Abschied als beschlossen gilt, muss am Samstag in Hoffenheim einen Sturz in die Europa League abwenden und hat noch keine Zeit für Blumen, Geschenke oder große Gefühle am Zaun.