Belastungsprobe Ramadan - Dilemma für muslimische Profis
Berlin (dpa) - Der Ramadan wird für viele Fußball-Profis wieder zur Belastungsprobe. Mit Beginn des Fastenmonats dürfen Moslems dem Islam zufolge zwischen Tagesanbruch und Sonnenuntergang weder essen noch trinken.
Vor allem die muslimischen Bundesligaspieler stecken in einer Zwickmühle.
Zum Saisonstart (24. bis 26. August) wollen sie in Topform sein. Doch die Fußballclubs verlangen schon jetzt vollen Einsatz. Fasten oder nicht - eine wiederkehrende Gewissensfrage in der Bundesliga.
Werder Bremens türkischer Mittelfeldspieler Mehmet Ekici weiß, dass er sich an die Vorschriften des Ramadan nicht halten kann. Stattdessen spendet er bei Verstößen während des Fastenmonats (20. Juli bis 19. August) Geld an bedürftige Kinder in seiner Heimat. „Ich habe keine Chance, die Ramadan-Vorschriften einzuhalten“, sagte Ekici der Nachrichtenagentur dpa. „Stattdessen werde ich für jeden Tag, an dem ich gegen den Ramadan verstoße, einen Geldbetrag für arme Kinder in der Türkei spenden. Das ist so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz.“
Das Profigeschäft lässt auch Sami Allagui, den es vom FSV Mainz 05 zum Zweitligisten Hertha BSC nach Berlin verschlagen hat, nicht an Abstinenz denken. „Ich faste nicht. Für Leistungssportler ist das in der Vorbereitung schwierig, und deshalb gibt es die Ausnahme“, sagte er. „An freien Tagen aber versuche ich es.“
Einen Kompromiss strebte in den vergangenen Jahren auch FC Bayerns Dribbler Franck Ribéry an. 2002 konvertierte er zum Islam und hielt es bislang so, nur unter der Woche zu fasten, nicht aber an Spieltagen. Da zwischen Ramadan-Ende und Saisonbeginn nun immerhin fünf Tage liegen, ist die Lage aber wohl nicht besonders prekär. Doch seine Haltung beschreibt vermutlich am besten die Marschroute in der Bundesliga: einvernehmliche Lösungen bleiben oberstes Gebot.
Auf Schelte wie im Fall FSV Frankfurt will es kein Club ankommen lassen. Der damalige Zweitligist hatte 2009 für einen Aufregung gesorgt: Die Hessen mahnten drei muslimische Spieler ab. Das Trio hatte ohne Erlaubnis auf Essen und Getränke verzichtet.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland betont indes, dass das Nachholen des Fastens zulässig ist. „Die Unversehrtheit, die Gesunderhaltung des Körpers hat höchste Priorität und gehört damit auch zu den Vorschriften im Islam“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek der Nachrichtenagentur dpa. In einigen Fällen ernten nur eingeschränkt fastende Spieler allerdings Unverständnis. „Manche Familien haben noch nicht so realisiert, dass Profifußball ein körperlich extrem harter Job ist, wie etwa die Arbeit Untertage oder am Hochhofen“, meinte Mazyek.
Auch der frühere französische Nationalspieler Nicolas Anelka musste während seiner Chelsea-Zeit (2008 bis 2011) beim Abwägen zwischen Religion und Leistungsfähigkeit seinem Körper gehorchen. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich mir kurz nach dem Ramadan Verletzungen zugezogen habe, deshalb konnte ich ihn nicht mehr strikt befolgen“, sagte der heutige Profi von Shanghai Shenhua einmal.
Fasten raubt kurzfristig Energie, besonders die mangelnde Flüssigkeitsaufnahme kann sich fatal auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Der befristete Verzicht auf Speisen und Getränke soll jedoch Körper und Seele reinigen, einen Zustand innerer Ruhe herbeiführen. Und manchmal sorgt auch der Verstoß gegen den Ramadan für positive Nebenwirkungen - siehe Mehmet Ekici.