Schalke-Kapitän im Interview Benedikt Höwedes: „Übergangsjahr müssen wir akzeptieren“

Benidorm (dpa) - Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes kann derzeit nicht mit der Mannschaft trainieren. Wie so viele Fußballprofis des FC Schalke 04. Höwedes wünscht sich daher im Interview der Deutschen Presse-Agentur im Trainingslager Benidorm noch Verstärkungen, um in der Rückrunde noch einmal angreifen zu können.

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Wann er selbst wieder einsteigen kann und ob er bis zum Auftakt gegen Ingolstadt fit wird, ist noch unklar.

Frage: Wie geht es der Hüfte?

Antwort: Es ist nicht optimal, sonst würde ich bereits trainieren. Es ist auch nichts kaputt, das ist schon mal gut. Ich kann aber noch nicht absehen, wann ich wieder ins Training einsteige. Ich hatte schon in der Hinrunde Probleme. Es ist im Urlaub nicht besser geworden, sondern hat sich im Gegenteil eher verschlechtert. Die Beschwerden sind aber nichts Dramatisches.

Frage: Werden Sie bis zum Ingolstadt-Spiel rechtzeitig fit?

Antwort: Das ist meine Hoffnung, aber schwer vorherzusehen. Ich muss da auch ein bisschen auf meinen Körper hören. Ich will nicht zu früh anfangen.

Frage: Wie problematisch ist die personelle Situation aufgrund der vielen Verletzten?

Antwort: Wir haben momentan einen durch Verletzungen wirklich ausgedünnten Kader. Das hat man in den vergangenen Spielen gesehen: Ohne einen erfahrenen zentralen Stürmer tun wir uns extrem schwer. Damit müssen wir zurecht kommen. Das wird aber nie eine Ausrede sein. Von mir wird man nicht hören, dass ich deswegen rumheule.

Frage: Braucht Schalke noch Verstärkungen?

Antwort: Gerade, weil wir in der Offensive Spieler haben, die länger ausfallen, kann man durchaus darüber nachdenken, ob das Sinn macht. Das ist aber keine Forderung meinerseits.

Frage: Was ist in der Rückserie für Schalke noch drin nach der durchwachsenen ersten Saisonhälfte?

Antwort: Die Bundesliga ist endlich wieder ausgeglichen. Es gibt dieses Jahr keine Bayern-Dominanz mit zehn Punkten Vorsprung, sondern mit Leipzig einen Konkurrenten, der auch den Bayern gefährlich werden kann. Dazu gibt es ein breites Vorderfeld und Mittelfeld, in dem sich alle gegenseitig Punkte abnehmen. Da ist 2017 in alle Richtungen etwas möglich. Wir wollen zunächst einen vernünftigen Start hinlegen. Das wird für uns wegweisend.

Frage: Der Start in die Saison war katastrophal. Schielen Sie ein bisschen auf Gladbach, das in der Vorsaison nach einem genauso schlechten Start noch in die Champions League gekommen ist?

Antwort: Wir dürfen jetzt nicht anfangen zu träumen, müssen realistisch mit der Situation umgehen: Wir sind Tabellenelfter. In der Rückrunde brauchen wir einfach mehr Punkte.

Frage: Gerade weil Bayern in dieser Saison nicht so dominant ist: Empfinden Sie die Saison als verpasste Chance?

Antwort: Soweit würde ich nicht gehen. Man darf nicht vergessen, dass wir im Sommer einen großen Schnitt hatten. Wir haben einen neuen Manager, einen neuen Trainer, neue Spieler. Wir haben Spieler verloren, die Spiele auch mal alleine entschieden haben, zum Beispiel Leroy Sane. Dem Wechsel muss auch etwas Zeit gegeben werden. Wenn dieses Jahr ein Übergangsjahr wird - was wir alle nicht hoffen, aber passieren kann - dann müssen wir das akzeptieren.

Frage: Ist Stillstand nicht gefährlich?

Antwort: Vielleicht - aber wir stehen nicht still. Wir sind als Mannschaft gereift. Das hat man bei der Krise zum Saisonstart gesehen, wie gefestigt und stark wir da rausgekommen sind. Wichtig ist, dass wir uns permanent weiterentwickeln, uns auch auf einzelnen Positionen kontinuierlich verstärken. Da darf es keinen Stillstand geben. Und es darf umgekehrt nicht sein, dass ständig jemand neues kommt, der wieder eigene Ideen hat und alles über Bord wirft.

Frage: Schafft Schalke irgendwann noch mal den Anschluss an Bayern und Dortmund?

Antwort: Wir sollten uns zunächst mit unserer aktuellen Lage beschäftigen. Natürlich haben wir großes Potenzial. Und klar besteht der Wunsch, irgendwann wieder Champions League zu spielen, aber davon sind wir aktuell einige Schritte entfernt.

Frage: Thema Nationalmannschaft. Können Sie sich vorstellen, den Confed Cup zu spielen? Der Bundestrainer hat ja bereits angekündigt, eher mit einem Perspektiv-Kader antreten zu wollen.

Antwort: Das ist noch weit hin. Da spielen erstmal andere Dinge eine Rolle. Der Bundestrainer hat mit den Spielern diesbezüglich noch nicht gesprochen. Zumindest mit mir nicht. Jeder Spieler, der die Chance hat, ein Turnier zu spielen, freut sich darüber. Natürlich haben wir dann auch nur begrenzt Urlaub, um uns zu regenerieren.

Frage: Wie weit geht ihr Blick bei der Nationalmannschaft?

Antwort: Ich versuche so lange wie möglich ein hohes Niveau zu halten und mich anzubieten.

Frage: Und die Karriere beenden Sie auf jeden Fall auf Schalke?

Antwort: Die deutsche Karriere werde ich auf jeden Fall hier beenden. Ich will hier weiter an der Entwicklung teilhaben und habe natürlich auch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir irgendwann weitere Titel gewinnen können. Ich habe aber schon noch den Wunsch, ganz am Ende nochmal ins Ausland zu gehen, um eine neue Erfahrung zu machen. Ich will mich da auch als Mensch weiterentwickeln. Wo es mich hinzieht, weiß ich noch nicht. Vielleicht in die USA oder nach Australien.

ZUR PERSON: Benedikt Höwedes (28) ist Schalker durch und durch. Der Weltmeister von 2014 stammt aus der Jugend der Königsblauen und hat seitdem nie für einen anderen Verein gespielt. Sein Vertrag läuft noch bis 2020. Der Abwehrspieler kann wegen einer Hüftreizung derzeit nicht trainieren und ist einer von etlichen verletzten Leistungsträgern.