BVB-Coach Tuchel wirbt um Geduld - Entwarnung bei Reus
Bad Ragaz (dpa) - Die gute Stimmung beim BVB zum Beginn des Trainingslagers in Bad Ragaz stand kurz auf der Kippe. Das Missgeschick von Marco Reus, der nach einem Zweikampf mit Erik Durm humpelnd das Training abbrechen musste, rief Erinnerungen an den missratenen Start in die vorige Saison wach.
Doch anders als im Sommer 2014, als der Angreifer wegen einer Verletzung am Syndesmoseband lange pausieren musste und die WM verpasste, gab es diesmal Entwarnung. Die erfreuliche Diagnose des Mannschaftsarztes wenige Stunden später, dass Reus sich nur eine leichte Bänderdehnung zugezogen hat und die Vorbereitung fortsetzen kann, machte es für Trainer Thomas Tuchel leichter, ein erstes positives Fazit seiner bisherigen dreiwöchigen Amtszeit beim Revierclub zu ziehen: „Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft bereit für Neues ist. Wir wollen dazu kommen, dass sie ihr Talent strahlen lässt.“
Der neue Coach strotzt vor Ideen und Tatendrang. Selbst der heftige Gewitterregen kurz nach der Ankunft in der Schweiz am Sonntag konnte ihn nicht bremsen. Nach nur kurzer Verschnaufpause unter einem schützenden Dach beorderte Tuchel seine Profis beim Aufgalopp am frühen Abend zurück auf den Rasenplatz unterhalb des machtigen Felsmassivs Falknis. Schließlich ist die Zeit, die ihm bis zum Saisonstart zur Vermittlung seiner Fußball-Philosophie bleibt, knapp bemessen. Bereits am Monatsende steht das erste Pflichtspiel in der Europa League an.
„Das ist eine gedrängte Terminierung. Aber es gibt keinen Grund zur Klage“, kommentierte Tuchel, warb aber um Geduld: „Wir können nicht alles in vier Wochen schaffen. Wir brauchen Zeit und Beharrlichkeit. Das wird uns die ganze Hinrunde begleiten.“
Welcher Stil ihm vorschwebt, war schon in den beiden gewonnenen Testspielen während der rund einwöchigen Asienreise und dem 1:2 beim Zweitligisten VfL Bochum am vorigen Freitag zu erkennen. Das in den vergangenen Jahren vor allem auf Gegenpressing und Vollgasfußball angelegte Repertoire des Teams soll erweitert werden.
Nicht zuletzt deshalb legt Tuchel bei seinen akribisch vorbereiteten Trainingseinheiten großen Wert auf das Üben von Ballbesitz mit schneller Ballzirkulation. Abgesehen vom fast traditionellen Chancenwucher scheint der BVB diesbezüglich auf gutem Weg.
Die Probleme bei der Rückwärtsbewegung, die den Revierclub in der vorigen Saison zwischenzeitlich sogar in Abstiegsgefahr gebracht hatten, scheinen jedoch noch nicht behoben. Diese Unwucht will Tuchel in den Tagen von Bad Ragaz beheben: „Da sind wir noch nicht da, wo wir sein wollen. Aber man muss aufpassen, dass man nicht überdreht.“
Weiteren Mut macht der geringe Krankenstand. Abgesehen von Nuri Sahin, der wegen einer hartnäckigen Adduktorenverletzung noch immer nicht voll belastbar ist, droht kein längerer Ausfall. Die angeschlagenen Profis Adrian Ramos und Jakub Blaszczykowski sind auf gutem Weg der Besserung.
Ob der Kader nach den Verpflichtungen von Roman Bürki (Freiburg), Gonzalo Castro (Leverkusen) und Julian Weigl (1860 München) noch weiter verstärkt wird, ließ Sportdirektor Michael Zorc offen. Nach der Ausleihe von Ciro Immobile nach Sevilla wurde zuletzt über die Verpflichtung eines neuen Stürmers spekuliert. Kategorisch ausschließen wollte Zorc einen Zukauf nicht: „Das ist ein Thema, das wir besprechen. Aber ein Transfer müsste sinnhaftig sein. Wir haben ja noch ein bisschen Zeit.“