4:1 gegen Leipzig BVB entdeckt Spaßfußball wieder - Favre will Balance finden

Dortmund (dpa) - Das Mienenspiel von Lucien Favre ließ fast nichts erkennen von den Glücksgefühlen, die ihn nach einem perfekten Comeback irgendwie doch überkommen haben mussten.

Auf Anhieb Tabellenführer nach dem 4:1 (3:1) gegen RB Leipzig, wunderbare Treffer, ein Top-Startelfdebüt von 20-Millionen-Mann Axel Witsel - da skandierten die schwarz-gelben Fans unter den 80.000 Zuschauern im Dortmunder Fußball-Tempel: „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hej, hej.“

Favre betonte jedoch: „Es gibt viel zu korrigieren.“ Die Bundesliga hat ihn wieder, diesen akribischen, analytischen und selten restlos zufrieden wirkenden Schweizer, auf den die Bezeichnung Fußball-Lehrer perfekt passt. Denn er will vor allem eines: seinen Schützlingen mit filigraner Anleitung beibringen, wie sie sich stetig verbessern können. In der kurzen Zeit seit seinem Amtsantritt ist Favre eines schon gelungen: Sein Team hat und macht wieder Spaß.

Das war schon vor Jahresfrist mit dem damals ebenfalls neuen Coach Peter Bosz so, ehe es plötzlich hakte und der Niederländer nach einem unerklärlichen Leistungsabfall der Akteure vorzeitig durch Peter Stöger ersetzt wurde. Der wiederum musste mit einer Art Sicherheitsfußball die eigentlich verkorkste Saison retten - immerhin mit der auf den letzten Drücker gelungenen Qualifikation für die Königsklasse.

Favre kennt das alles, weil er die Szene auch aus Nizza beobachtet hat. Und nun weiß er vor allem eines: Er muss es schaffen, die Balance zwischen Top-Offensive und stabiler Defensive herbeizuführen. 47 Gegentreffer unter Bosz und Stöger waren schlichtweg zu viel. Auch deshalb hielt Favre nach dem Duell mit Leipzig fest: „Unser Ziel ist es, mehrere Sachen zu beherrschen.“ Soll heißen: Alle müssen daran arbeiten, vorn wie hinten die optimale Mischung zu finden.

Dabei helfen ihm potenzielle Leader-Figuren wie der neue Kapitän Marco Reus sowie die neu verpflichteten Witsel und Thomas Delaney. Mit ihnen können die Jungen die Sicherheit bekommen, die in der schwierigen Vorsaison nicht immer da war - übrigens auch gegen Leipzig nicht: Defensiv wackelten sie, was nicht zuletzt durch das 0:1 von Jean-Kévin Augustin nach nur 31 Sekunden offensichtlich wurde.

Favre stellte auch nicht näher erklärte taktische Fehler fest. Die gilt es abzustellen. Favre ist dafür mit seinem ganzheitlichen fußballerischen Denken einer der bestmöglichen Lehrmeister, der Lässigkeiten wie in der Anfangsphase nicht hinzunehmen gewillt ist: „Sie waren 25 Minuten besser und schneller als wir. Und sie waren auch nachher gefährlich, weil wir nicht gut verteidigt haben“, sagte Favre über Gegner Leipzig.

„Wir wissen aber auch, dass noch nicht alles rundgelaufen ist“, räumte auch der ehemalige BVB-Leader Sebastian Kehl in seiner neuen Funktion als Leiter der Lizenzspielerabteilung ein. Das war auch schon beim Last-Minute-Erfolg im DFB-Pokal bei der SpVgg Greuther Fürth ähnlich. Aber: Mit körperlicher Robustheit hielten Kehls Nachfolger in beiden Fällen so dagegen, dass alles gut ging. Und darauf kann Favre in naher Zukunft aufbauen.