BVB in München: Gefühltes Finale am 8. Spieltag
München (dpa) - Es ist schon verrückt: Von einem Endspiel am 8. Spieltag zu sprechen, ist normalerweise Unsinn. Und doch fühlt sich das Bundesliga-Topspiel des FC Bayern gegen Borussia Dortmund am Sonntag exakt so an.
Bei einem Heimsieg würden die übermächtigen Bayern nicht nur ihren eigenen Bundesliga-Startrekord von acht Siegen aus der Triple-Saison 2012/13 einstellen, auch der Vorsprung auf den BVB würde bereits auf sieben Punkte anwachsen. Im Titelkampf wäre damit eine weitere Langeweile-Saison programmiert.
„Ich denke, ganz Fußball-Deutschland schaut sehr gespannt Richtung Sonntag“, sagte Weltmeister Thomas Müller, der ein „Gipfeltreffen vom Allerfeinsten“ in der mit 75 000 Zuschauern ausverkauften Münchner Arena anmoderierte. „Für die Spannung wäre es nicht schlecht, wenn Bayern nicht gewinnen würde“, meinte Ruheständler Ottmar Hitzfeld, der als Trainer mit Bayern und Dortmund deutscher Meister wurde.
Wenn einer den Titelverteidiger in dieser Saison ärgern kann, dann der von Thomas Tuchel wiederbelebte BVB, der noch unter der Regie von Jürgen Klopp immerhin vier der letzten sieben Pflichtspiele in München gewinnen konnte. Trotzdem wagte Borussen-Boss Hans-Joachim Watzke keine lauten Kampfansagen: „Wir sahen und sehen uns nicht als Bayern-Jäger“, sagte er der „Bild“ (Donnerstag).
Vieles spricht für einen Bayern-Sieg, angefangen bei der Formkurve, die beim BVB mit zuletzt zwei Unentschieden abfiel, bis hin zu einer optimalen Spielvorbereitung. Am Mittwoch konnten Bayern-Torjäger Robert Lewandowski und seine Kollegen entspannt auf dem Oktoberfest auf das 5:0 in der Champions League gegen Dinamo Zagreb anstoßen.
Und am Donnerstag hatten die Münchner Stars frei, während für die Dortmunder Profis ein Europa-League-Spiel bei PAOK Saloniki auf dem Programm stand. BVB-Coach Thomas Tuchel beugte vor: Die Stammkräfte Mats Hummels, Pierre-Emerick Aubameyang, Ilkay Gündogan, Shinji Kagawa und Sokratis waren nicht mit nach Griechenland gereist. „Wir brauchen frische und topfitte Spieler“, begründete Tuchel.
Die Bayern hatten mit der Kräfteschonung schon in der zweiten Hälfte des Zagreb-Spiels begonnen. „Wir haben ein bisschen runtergeschraubt, einen Gang rausgenommen für Dortmund“, bemerkte Nationalspieler Jérôme Boateng. Schließlich wisse man, „dass Dortmund in dieser Saison wieder sehr stark ist“. Selbst der Ausfall von Franck Ribéry und Arjen Robben, der normalerweise vor Dortmund-Spielen ein großes Thema wäre, wird in Zeiten des am Fließband treffenden Lewandowski und angesichts des neuen Flügel-Giganten Douglas Costa in München aktuell ausgeblendet. „Die Mannschaft ist in guter Form“, bemerkte Trainer Pep Guardiola gelassen. Der Spanier hat von seinen bisher 41 Hinrundenspielen in der Bundesliga kein einziges verloren.
Am Sonntagabend kommt es auch zu einem großen Torjäger-Duell. Zehnmal hat Topschütze Lewandowski in der Liga getroffen, neunmal BVB-Knipser Aubameyang. Beide trafen auch beim letzten Duell in München Ende April, als sich die Bayern in einem kuriosen Elfmeterschießen gleich vier Fehlschüsse vom Punkt erlaubten (Lahm, Alonso, Götze, Neuer) und den Einzug ins DFB-Pokalendspiel verpassten.
Lewandowski will seinen „wieder sehr guten“ Ex-Club beim Wiedersehen keinesfalls verschonen. „Ich freue mich, wenn ich Tore gegen Dortmund schießen kann und hoffe, dass wir gewinnen werden“, sagte der polnische Nationalspieler im Stadion-Magazin.
Lewandowski und Aubameyang stehen im Fokus, ebenso die Trainer: Guardiola und Tuchel schätzen sich, denken ähnlich über Fußball und begegnen sich erstmals als Gegner im deutschen „Clásico“. Mit Mainz konnte Tuchel die Bayern immerhin dreimal besiegen, aber da war Guardiola noch nicht in München. Die bisher zwei Duelle mit Guardiola verlor Tuchel mit Mainz in der Saison 2013/14 mit 1:4 und 0:2.