„Atlético-Madrid-Style“ BVB schlägt den FCB - „Männerfußball“ statt Angriffszauber
Dortmund (dpa) - Endlich geschafft! Die Miene von Hans-Joachim Watzke verriet mehr als tausend Worte.
Mit sichtlicher Genugtuung kommentierte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund den lang ersehnten Sieg über den Erzrivalen aus München: „Es hat vier Jahre gedauert, bis wir daheim mal wieder gewonnen haben. Es gibt nichts Geileres, als Bayern München zu schlagen.“ Auch Sportdirektor Michael Zorc wirkte nach dem 1:0 (1:0) wie von schwerer Last befreit: „Das war mehr Atlético-Madrid-Style. Aber unsere Taktik ist aufgegangen.“
Das Hochgefühl dauerte auch am Tag danach noch an. Mit Ovationen wurde die Mannschaft auf der Mitgliederversammlung des Revierclubs in der Westfalenhalle 3 am Sonntagmittag empfangen. „Ihr habt uns unfassbare Freude bereitet“, sagte Watzke, warnte die Profis aber mit Blick auf die nun anstehenden Aufgaben gegen Legia Warschau und Eintracht Frankfurt vor Übermut: „Wir haben keinen Grund zu Triumphgeheul und in dieser Woche noch zwei schwere Spiele.“
Zudem muss der BVB den Ausfall von Stammtorwart Roman Bürki verkraften. Der Schweizer zog sich gegen die Bayern einen Mittelhandbruch zu und muss nach einer Operation etwa acht Wochen pausieren, wie die Dortmunder am Sonntagabend mitteilten.
Die eigentlich für ihre Offensivqualität bekannte Borussia überzeugte im Branchengipfel weniger mit Feinkostfußball als vielmehr mit kompromissloser Abwehrarbeit. Ähnlich wie das Team aus der spanischen Hauptstadt, das die Bayern Ende September in der Champions League ebenfalls mit 1:0 geschlagen hatte. Aus seiner Freude über den Coup machte Thomas Tuchel keinen Hehl: „Das war ein Meilenstein, ein echtes Statement.“ Schmunzelnd fügte der BVB-Coach an: „Wenn man mit den Bayern in den Ring steigt, dann kann man nicht erwarten, dass man ohne blaue Augen rauskommt. Man muss nur stehenbleiben.“
BVB-Chef Watzke nutzte die Gunst der Stunde zu einer Würdigung von Tuchel. Schließlich war dem Fußball-Lehrer der erste Sieg über die Münchner seit seinem Amtsantritt in Dortmund gelungen: „Er hat das taktisch großartig gemacht heute. Es ist für ihn ein weiterer Stern am Revers.“ Nach Einschätzung von Weltmeister André Schürrle war diese Taktik nicht zuletzt der anhaltenden Personalmisere geschuldet: „Im Moment tun wir uns mit dem Ball nicht so leicht. Deshalb müssen wir über den Kampf kommen. Das war echter Männerfußball.“
Neben Tuchel schlüpfte Pierre-Emerick Aubameyang in die Rolle des Hauptdarstellers. Beim Jubel über seinen 12. Saisontreffer (11. Minute) verzichtete der Angreifer auf seinen obligatorischen Salto. Stattdessen verblüffte er Zuschauer und Mitspieler mit drei Liegestützen. Nach dem Schlusspfiff löste er das Rätsel: „Ein guter Freund von mir, ein Rapper aus Frankreich, war heute im Stadion. Gradur hat einen Song über Liegestütze gemacht, das war der Grund für den Torjubel.“ Nach zwischenzeitlicher Durststrecke wähnt Aubameyang den BVB, der zum 27. Mal ohne Heimniederlage blieb, wieder auf Kurs: „Wir sind jetzt endlich zurück in der Spur, müssen genau so weitermachen.“
Weniger redselig als der Torschütze war Mario Götze. Seine bisher beste Leistung seit seiner Rückkehr zum BVB ließ der Weltmeister unkommentiert und mied Interviews. Dabei war ihm der erste Assist in dieser Saison gelungen. „Für ihn war das eine kleine Befreiung“, befand Mitstreiter Schürrle. Coach Tuchel war voll des Lobes: „Mario hat unglaublich gearbeitet. Es war jetzt auch höchste Zeit, dass mal eine Torbeteiligung dazukommt und etwas Fleisch an die Knochen kommt. Er braucht das für die letzten paar Prozent.“
Zur Freude des Trainers befindet sich sein Team bei nur drei Punkten Rückstand wieder auf Schlagdistanz zum FC Bayern. Allerdings beträgt der Abstand zum neuen Tabellenführer aus Leipzig bereits sechs Zähler. Die erstaunliche Konstanz des Aufsteigers nötigt dem Coach großen Respekt ab: „Das ist keine Eintagsfliege. Man muss es absolut ernstnehmen.“