Christoph Daum zurück im Blitzlicht
Frankfurt/Main (dpa) - Reizfigur Christoph Daum ist zurück im Scheinwerferlicht der Fußball-Bundesliga und hat bei der kriselnden Frankfurter Eintracht sofort einen Neustart ausgerufen.
„Wir müssen die Saison neu beginnen. Wir wollen in den letzten sieben Spielen eine Spitzenposition in der Tabelle erreichen“, verkündete Daum bei seiner Präsentation. „Das Wort Abstieg gibt es bei mir nicht“, sagte Daum, der seinen langjährigen Assistenten Roland Koch mitbringt.
Als der 57-Jährige seine neue Mannschaft wenig später zur ersten Übungseinheit bat, wurde er von rund 2000 Zuschauern begeistert gefeiert. Lautstark und hochmotiviert präsentierte sich Daum bei strahlendem Sonnenschein auf dem Trainingsplatz hinter der Arena. Immer wieder sprach er mit den nur 12 Feldspielern und drei Torhütern, lobte sie schon für die kleinsten Dinge - da war er sofort wieder, der große Motivationskünstler. Von der zuletzt gedämpften Stimmung unter seinem Vorgänger Michael Skibbe war nichts mehr zu spüren.
Bei der Vorstellung des neuen Hoffnungsträgers hatten zehn Kamerateams, 50 Fotografen und knapp 100 Journalisten für einen ungewohnten Medien-Hype am Main gesorgt. Daum genoss seinen Auftritt im Rampenlicht sichtlich: „Das bin ich aus der Türkei und auch aus Köln gewohnt.“
Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen bestaunte die ungewöhnlich hohe Zahl der anwesenden Medienvertreter, die den Nachfolger des am Dienstag beurlaubten Skibbe hautnah erleben wollten. „Ein solches Medienaufkommen sind wir normal nicht gewohnt, aber wir sind erfreut“, sagte Bruchhagen, dem mit der Verpflichtung des schillernden Daum ein Coup gelungen war.
Mit harter Arbeit will Daum die nur drei Punkte vor dem Relegationsplatz liegenden Hessen vor dem Absturz in die Zweitklassigkeit bewahren. „Hand auflegen reicht nicht“, sagte der Ex-Coach des 1. FC Köln bei seiner Präsentation, bei der wegen des großen Andrangs sogar die Presseausweise der anwesenden Journalisten kontrolliert wurden. „Ich werde ab sofort 25 Stunden am Tag für die Eintracht da sein.“
Langfristig hat der 57-Jährige aber mehr vor, als nur gegen den Abstieg zu spielen. „Ich will helfen, den Verein an den nationalen Spitzenbereich ranzuführen und dann irgendwann mal wieder das internationale Geschäft zurückzuholen“, sagte Daum, der in der vergangenen Saison bei Fenerbahce Istanbul tätig war. „Das sind sicherlich Zukunftsvisionen, doch jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nach dem Prinzip verfahre: Visionen schaffen Fakten.“
Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff begrüßte das Comeback des polarisierenden Trainers. „Daum ist mit Sicherheit jemand, der die Liga mit seiner Arbeit bereichert.“
Vor seinem Engagement in der Türkei hatte Daum den 1. FC Köln in die deutsche Eliteklasse zurückgeführt, seiner „großen Liebe“ danach aber den Rücken gekehrt - ihm fehlten am Rhein die Perspektiven. Am Main soll alles anders werden. Kritik, auch in Frankfurt sei internationaler Spitzenfußball eher nicht zu erwarten, konterte der gut erholt wirkende Daum gelassen. „Ich denke, dass die Eintracht Riesenpotenzial hat. Der Verein ist schuldenfrei. Mit kalkuliertem Risiko wollen wir einen Schritt in die Zukunft machen“, meinte er.
Eigentlich hatte Daum, den vor elf Jahren eine Kokain-Affäre um den Posten des Bundestrainers gebracht hatte, erst zur neuen Saison wieder bei einem Club einsteigen wollen. Der Anruf von Bruchhagen sei daher auch für ihn überraschend gekommen, erklärte Daum. Innerhalb kürzester Zeit sei es dem Frankfurter Vorstandsvorsitzenden aber gelungen, ihn für ein Engagement beim UEFA-Pokal-Sieger von 1980 zu begeistern.
„Das war die schnellste Entscheidung meines Lebens“, sagte Daum, der in Frankfurt zunächst im Hotel leben wird. „Ich habe zu Hause Fotos aufgestellt und Videos von mir eingelegt“, meinte er in gewohnter Sprücheklopfer-Manier.
In den verbleibenden eineinhalb Wochen bis zum mit Spannung erwarteten Duell beim VfL Wolfsburg mit Felix Magath will Daum seinen neuen Spielern vor allem Selbstvertrauen einimpfen. „Der Kopf spielt eine ganz wichtige Rolle. Wenn er funktioniert, ist er das dritte Bein.“