Abstiegskampf Darmstadt 98 lebt immer noch: Nächstes Ziel ist München

Darmstadt (dpa) - Der SV Darmstadt 98 und das Immer-noch-nicht-absteigen-Wollen: Dieses Phänomen hat am Wochenende eine neue Qualität erreicht.

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Zum ersten Mal in seiner Geschichte gewann dieser kleine Verein drei Bundesliga-Spiele nacheinander. Doch der mitreißende 3:0 (2:0)-Erfolg gegen den Europa-League-Kandidaten SC Freiburg war noch nicht einmal perfekt, da sangen die Fans bereits vom vierten Sieg: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“, hallte es durch das Stadion. Jetzt hat der abgeschlagene Tabellenletzte nicht einmal mehr Angst vor dem alten und neuen deutschen Meister aus München, dem nächsten Gegner am nächsten Samstag.

Der Lederhosen-Song ist ungefähr so alt wie das Stadion am Böllenfalltor, daraus klangen viel Darmstädter Selbstironie, ein bisschen Übermut, aber auch zum ersten Mal wieder eine kleine Prise Hoffnung. Dreimal war die Mannschaft von Trainer Torsten Frings zuletzt mit der Gewissheit in ein Spiel gegangen: Wenn wir heute Unentschieden spielen oder verlieren, ist der Abstieg perfekt. Und dreimal gewann sie ihr Spiel auf beeindruckende Weise. Könnte das nicht vielleicht sogar in München so weitergehen, wo der FC Bayern mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft gerade alles erreicht hat, was in dieser Saison noch zu erreichen war?

„Für uns ist es besser, dass sie am nächsten Samstag nicht Meister werden können“, sagte Darmstadts Marcel Heller. „Wir können mit breiter Brust nach München fahren. Dass es dort nicht leicht wird, ist jedem klar.“ Auch der frühere Bayern-Profi Frings meinte keck: „Man hat in jedem Spiel eine Chance. Und wie ich meine Jungs kenne, werden sie auch in München alles probieren.“

Die Darmstädter waren schon immer besonders unbeugsam, das 3:0 gegen Freiburg durch Tore von Felix Platte (22.), Jerome Gondorf (45.) und den ersten Bundesliga-Treffer von Sven Schipplock seit mehr als zwei Jahren (64.) war vielleicht sogar das beste „Lilien“-Spiel seit dem Wiederaufstieg 2015. Rechnen können sie in dieser Wissenschafts-Stadt aber auch. Und so ist dort fast jedem klar, dass der Abstieg wieder einmal nur aufgeschoben wurde und noch immer kaum zu verhindern ist. Dazu bräuchte der Tabellenletzte drei Siege gegen den FC Bayern, Hertha BSC und Mönchengladbach - und gleich zwei Vereine auf den Plätzen 13 bis 17, die am Ende nicht mehr als 33 Punkte haben.

Und so war es am Samstag Präsident Rüdiger Fritsch, der diese Darmstädter Siegesserie inmitten des großen Jubels und der befreienden Jetzt-erst-recht-Stimmung realistisch einordnete. „Wichtig ist, dass man immer sieht, wofür Darmstadt 98 steht“, sagte er. „Und das hätte Kratzer wenn nicht sogar Risse bekommen, wenn wir uns mit zwölf Punkten aus dieser Liga verabschiedet hätten. Das hilft uns auch bei der Spielerrekrutierung für die nächste Saison, dass dieser Verein selbst in so einer sportlichen Situation lebt.“

Der Wirtschaftsanwalt weiß genau, dass auch drei Siege in Serie kein einziges der Darmstädter Probleme lösen. Noch immer gibt es keinen belastbaren Bau- oder Zeitplan für ein neues Stadion, das den Anforderungen der Deutschen Fußball Liga genügt. „Da ist es nicht fünf vor Zwölf, sondern fünf nach Zwölf“, sagte Fritsch dazu. Und noch immer wird es dem Verein schwer fallen, Leistungsträger wie Hamit Altintop, Jerome Gondorf oder Marcel Heller zu halten.

Das wichtigste Argument der „Lilien“ ist mittlerweile ihr Trainer. Torsten Frings hat in den vergangenen Monaten erreicht, dass seine Mannschaft sich nie hängen lässt und sich vor allem spielerisch enorm weiterentwickelt hat. „Wir haben jetzt wieder eine Woche, in der wir uns wie ein richtiger Bundesligist fühlen dürfen“, sagte er stolz.