Bundesliga Darmstadt-Trainer Schuster will weg - Ausverkauf droht
Darmstadt (dpa) - Das kleine gallische Dorf der Fußball-Bundesliga löst sich langsam auf. Nach Torwart Christian Mathenia und Stürmer Sandro Wagner steht beim SV Darmstadt 98 nun auch Erfolgstrainer Dirk Schuster samt seinem Assistenten Sascha Franz vor dem Absprung.
Beide haben den Verein um die Freigabe gebeten, um beim Ligarivalen FC Augsburg anzuheuern. „Der SV Darmstadt 98 muss sich, vor dem Hintergrund der Vertragslaufzeit bis 2018, nun mit dem Freigabewunsch auseinandersetzen. Dies werden wir in aller Ruhe und mit der gebotenen Seriosität tun“, sagte Präsident Rüdiger Fritsch.
Der „Lilien“-Boss weiß nur zu gut, was er an Schuster hat. Der 48-Jährige übernahm im Dezember 2012 das Ruder bei den Südhessen, die damals Tabellenletzter in der 3. Liga waren, und steuerte sie auf direktem Weg in die Bundesliga und dort zum Klassenerhalt. „Erfolgreiche Leute sind in dem Geschäft heiß begehrt“, stellte Fritsch fest. „Wir haben jetzt aber die längste Sommerpause und absolut keinen Druck“, sagte er dem „Hessischen Rundfunk“.
Die Erfolgsgeschichte wurde mal als Märchen und mal als Wunder bezeichnet - und bediente vor allem die Sehnsucht der Fußball-Romantiker. Darmstadt hat mit Abstand den geringsten Etat, das Stadion am Böllenfalltor wirkt wie ein Relikt aus den 1970er Jahren und die Mannschaft besteht vorwiegend aus Profis, die in anderen Vereinen gescheitert sind. Und doch entgingen die „Lilien“ den Abstieg, der ihnen von allen Experten prophezeit worden war.
Schusters Rolle gleicht ein wenig der des Comic-Helden Asterix. Er verstand es, die Spieler mit teilweise unkonventionellen Methoden an ihre Grenzen und manchmal auch darüber hinaus zu führen. So kürte die Truppe im Training regelmäßig den Verlierer des Monats, der sich ein rosa T-Shirt mit der Aufschrift „Tussi“ und „Fehleinkauf“ überstreifen musste. Vor dem Auswärtssieg bei Hertha BSC, durch den am vorletzten Spieltag der Klassenverbleib gesichert wurde, schickte Schuster seine Spieler zum Bowling statt auf den Trainingsplatz.
Doch auch dem früheren Bundesligaprofi schwant, dass seine Möglichkeiten in Darmstadt ausgereizt sind. Viele Spieler haben sich für andere Vereine interessant gemacht, die Mannschaft bröckelt wie der Putz von den Wänden des maroden Stadions. Mit dem geplanten Komplett-Umbau der Heimstätte geht es auch nicht voran. Da kommt die Offerte aus Augsburg gerade recht.
„Dirk Schuster hat eine tolle und unvergessliche Zeit in Darmstadt erlebt und in dreieinhalb Jahren unglaubliche Erfolge gefeiert. Nun reizt ihn die neue Aufgabe in Augsburg“, zitierte die „Sport Bild“ seinen Berater Ronny Zeller.
Mit den Schwaben, die einen Nachfolger für den zu Schalke 04 wechselnden Markus Weinzierl suchen, soll sich Schuster bereits einig sein. Denn eines will der ehrgeizige und engagierte Fußball-Lehrer auf keinen Fall erleben: Ein sportliches Schicksal wie einst Tasmania Berlin, die bis heute erfolgloseste Mannschaft der Bundesliga-Geschichte.