Debakel in Königsblau
Schalke lässt beim 0:4 in Wolfsburg alles vermissen. Druck auf Keller wächst.
Wolfsburg. Es bedurfte eine Zeit der Einkehr. Nach dem Schlusspfiff verschwanden Verantwortliche und Spieler des FC Schalke 04 für einige Minuten schweigend in die Kabine. Sie mussten erst einmal verarbeiten, was sie in den 90 Minuten zuvor erlebt hatten. Der VfL Wolfsburg hatte die Königsblauen beim 4:0 (0:0) vor allem in der zweiten Halbzeit schier überrollt. Robin Knoche, Vierinha, Naldo und Stefan Kutschke trafen für den VfL zu diesem für die Schalker noch schmeichelhaften Endstand. Es war schlicht ein Debakel für den Ruhrgebietsklub.
„Zum Schluss sind wir richtig auseinandergebrochen. So etwas darf einfach nicht passieren“, schimpfte Trainer Jens Keller. Die Niedersachsen, vom erst tags zuvor für wohl rund 20 Millionen Euro vom FC Bayern München verpflichteten Luiz Gustavo umsichtig angetrieben, waren den Schalkern in Sachen Aggressivität, Leidenschaft, technischer Fähigkeiten und vor allem Schnelligkeit haushoch überlegen. Klaas-Jan Huntelaar war der erste, der das kollektive Schweigen der Schalker beendete. „Ich finde, wir waren in allen Teilen schlechter“, sagte der Niederländer sichtlich ratlos. Widersprechen wollte ihm niemand. Zu allem Überfluss hatte sich der Angreifer auch noch einen Innenbandriss zugezogen und wird nicht nur am Mittwoch in der Champions-League-Qualifikation gegen Paok, sondern gleich für mehrere Wochen ausfallen.
Ein Punkt aus zwei Ligaspielen machen den Fehlstart in die Saison perfekt. Und besonders die Abwehr bleibt das große Sorgenkind. Der erstmals aufgebotene Zugang Felipe Santana wirkte in der Innenverteidigung völlig überfordert, was ihn allerdings nicht von seinem Nebenmann Benedikt Höwedes unterschied. Außenverteidiger Atsuto Uchida bereitete sogar einen Treffer des VfL mit einem absurden Querpass durch den Strafraum vor. Sein Gegenüber, Christian Fuchs, ist in der derzeitigen Verfassung kaum in der Lage, in der Bundesliga Schritt zu halten. Sein ohnehin seit langer Zeit defizitäres Abwehrverhalten hat sich zu einem unkalkulierbaren Risiko ausgeweitet.
Der Verweis von Manager Horst Heldt, die Mannschaft hätte vor allem Probleme bei Standards, greift zudem zu kurz. Die Wolfsburger, aber auch bereits der Hamburger SV beim 3:3 in der Vorwoche, hatten noch etliche weitere Tormöglichkeiten aus dem Spielverlauf heraus. Drei der mittlerweile sieben Gegentreffer hatten ihren Ursprung in Eckbällen.
Doch nicht allein die Abwehr ist stark verbesserungsfähig. Vor allem Jefferson Farfan und Julian Draxler waren gegen den VfL völlig außer Form, ihrem Führungsanspruch konnten sie nicht ansatzweise gerecht werden. Exemplarisch urteilte Keller: „Julian Draxler hat Fehler gemacht, wie ich sie von ihm nicht kenne.“
Die Schalker haben in beiden Partien gezeigt, dass sie noch herbe Mängel in fast allen Bereichen haben, die es schnellstmöglich aufzuarbeiten gilt. Ansonsten dürften die Diskussionen um Trainer Keller wieder laut werden. Eine gute Nachricht hatte Horst Heldt dann doch noch: „Wir werden den Spielbetrieb jetzt nicht einstellen.“