Der neue Dirigent auf Schalke
Kevin-Prince Boateng kam, sah und siegte. Der Ex-Mailänder löste beim ersten Saisonerfolg gegen Leverkusen alle Blockaden.
Gelsenkirchen. Bei welchem Namen er eigentlich genannt werden wolle, wurde Kevin-Prince nach dem 2:0 des FC Schalke 04 gegen Bayer 04 Leverkusen gefragt. „In Mailand wurde ich Prince genannt. In Deutschland sagen alle Kevin“, sagte der 26-Jährige, der gerade sein erstes Spiel für seinen neuen Arbeitgeber erfolgreich absolviert hatte. Damit war auch diese Frage geklärt.
Kevin-Prince Boateng stand fraglos im Mittelpunkt dieses Abends in Gelsenkirchen. Bei Schalke ist er der Hoffnungsträger, der die Mannschaft pushen und in die gehobenen Tabellenregionen führen soll. Der erst tags zuvor vom AC Mailand für zwölf Millionen Euro verpflichtete Boateng ließ auch keine Zweifel daran aufkommen, dass er diesen Ansprüchen gerecht werden will. Er lief viel, dirigierte seine neuen Teamkollegen, war als offensiver Mittelfeldspieler im Zentrum torgefährlich und ein fixer Anspielpunkt für seine Mitspieler.
Deren Akzeptanz war ihm vom ersten Moment an sicher. „Es ist gut, dass er bei uns ist“, sagte Julian Draxler. Von allen Seiten bekommt Boateng derzeit in Gelsenkirchen Selbstvertrauen eingeflößt. „Der Vorstand steht voll hinter mir. Sie sehen in mir eine Führungspersönlichkeit. Das tut gut. Ich sehe das aber gar nicht unbedingt so“, sagte er. Welche hervorgehobene Rolle Boateng bei den Schalkern dennoch einnehmen soll, zeigt nicht zuletzt seine Einbindung in die Teambesprechung vor dem Spiel, die Marco Höger vor und Jefferson Farfan nach der Pause mit ihren Treffern entschieden. „Ich habe den Jungs gesagt: Lasst uns laufen, bis wir kotzen. Das haben alle gemacht“, verriet Boateng.
Das war aber der einzige martialische Ausdruck, den der ansonsten verbal auffällig zurückhaltende Schalker Zugang benutzte. „Man wird ja schließlich älter. Der Beruf wird wichtiger. Und den versuche ich so gut es geht auszufüllen“, gab er zu Protokoll.
Der Auftritt Boatengs stieß jedenfalls auf Gefallen bei den Klub-Verantwortlichen. „Seine Präsenz und Autorität auf dem Platz war sehr groß“, lobte Schalkes Manager Horst Heldt. Und Jens Keller sah in der Verpflichtung Boatengs, aber auch in der von Dennis Aogo, der ebenfalls einen guten Einstand feierte, „die richtigen Griffe“. Der Trainer der Schalker wollte dann auch gleich noch mit den Vorurteilen gegenüber dem ghanaischen Nationalspieler aufräumen. „Er ist ein guter Junge. Mein Bild ist ein anderes als das in der Öffentlichkeit vorherrschende“, sagte Keller.
Und so herrschte große Erleichterung rund um den Schalker Markt. Die kurzfristigen und nicht gerade günstigen Verpflichtungen hatten die Erwartungen erfüllt. Der erste leidenschaftlich erzwungene Saisonsieg in der Bundesliga gegen insgesamt enttäuschende und bis dato ungeschlagene Leverkusener (Sportdirektor Rudi Völler: „Wir waren zu pomadig und nicht zielstrebig“) hat einige düstere Wolken vertrieben. Der zuletzt verloren gegangene Glaube an die Mannschaft ist zurückgekehrt. „Die letzten Wochen haben Nerven und einige Kilos gekostet“, gestand Horst Heldt. Die Trainerdiskussion ist mit diesem Erfolg erst einmal zum Stillstand gekommen. „Ich lasse mich da ohnehin nicht von außen beeinflussen. Ich finde meine eigene Wahrheit“, sagte der Manager. Zwei freie Tage sind die Belohnung für die Spieler. „Die können jetzt alle Dennis Aogo folgen. Der weiß, wo es hingeht“, sagte Heldt süffisant. Die hanseatische Empörung über dessen jüngsten zweitägigen Kurztrip nach Mallorca hatte seinen Wechsel vom HSV nach Schalke befördert.