Bayer Leverkusen Der Scherbenhaufen von Bayer Leverkusen

Sogar Trainer Tayfun Korkut bezweifelt, dass sein Team im Abstiegskampf bestehen kann.

Der Leverkusener Trainer Tayfun Korkut .

Foto: Federico Gambarini

Leverkusen. „Arsch aufreißen“, hatten die Fans von Bayer Leverkusen vor dem Spiel gegen Schalke 04 auf einem Banner von ihrem Team gefordert. Zum Anpfiff der zweiten Halbzeit war dieses Banner verschwunden, mit ihm etliche Fans und auch auf den anderen Rängen der BayArena gab es bereits zu diesem frühen Zeitpunkt viele verwaiste Plätze zu sehen. 0:3 stand es da, am Ende hieß es 1:4 — die „Werkself“ muss endgültig gegen den Abstieg kämpfen. Doch kann sie das überhaupt?

Dass selbst der eigene Trainer in dieser Hinsicht warnt, stimmt bedenklich. „Diese Mannschaft hat keine Erfahrung im Abstiegskampf“, sagte Tayfun Korkut. Harmlos, ideenlos und ohne jede Sicherheit war sein fragiles Gebilde zuvor dem Auseinanderbrechen entgegengewankt. Dabei trumpfte Schalke gar nicht mal grandios auf. Gegen zweikampfschwache und geistig unbewegliche Leverkusener aber bedeutete seriöse Arbeit einen Klassenunterschied. „Es ist schwer, dafür Worte zu finden“, sagte Stefan Kießling.

Warum jedoch ist die „Werkself“ derart ins Trudeln geraten? Schließlich war die Vize-Meisterschaft als Saison- Ziel verkündet worden. Natürlich ist das Team besonders in der Hinrunde immer wieder von Verletzungen gebeutelt worden. So konnte Lars Bender nur zehn Spiele absolvieren. Dazu fehlten Jonathan Tah, Karim Bellarabi, Stefan Kießling sowie Kevin Volland lange, und Hakan Calhanoglu darf wegen seiner Sperre die gesamte Rückrunde nicht mitwirken.

Das allerdings ist nur die halbe Wahrheit. Fakt ist auch, dass die Spieler mit den perfektionistischen Vorgaben Roger Schmidts offenbar überfordert waren und einige dem Trainer wohl auch die Gefolgschaft verweigert haben. Dennoch hielt der Verein lange an Schmidt fest. Zu lange, und als die Reißleine dann doch gezogen wurde, rief der Neue den Angriff auf Europa aus. Selbst auf die Frage, ob er denn auch die andere Richtung im Blick habe, sagte Korkut: „Ich schaue nicht nach hinten.“

Eine fatale Fehleinschätzung. „Die Situation ist bedrohlich“, sagte Kießling, und ein sichtlich angeschlagener Rudi Völler meinte: „Wir müssen noch drei Punkte holen. Aber in der Verfassung vom Freitag wird das schwierig.“ Möglich, dass durch die direkten Duelle der Konkurrenten diese drei Punkte gar nicht mehr nötig sind. Damit aber lässt sich dann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die Saison wird zur ungewollten Zäsur. Der Kader wird sich heftiger verändern, als geplant. So dürfte Torhüter Bernd Leno die Freigabe erbitten, um seine WM-Chancen ohne Europapokal- Spiele nicht zu gefährden. Real Madrid soll angeblich interessiert sein.

Auch Chicharito wird wohl das Weite suchen, Topraks Wechsel zum BVB steht schon fest. Um Julian Brandt buhlen neben den Bayern einige englische Clubs, und Hakan Calhanoglu kokettiert ebenso mit einer Luftveränderung. Ein neuer Trainer wird aber sicher kommen. Korkut hat seine Chance auf eine Festanstellung vertan.